31.03.2023

Zur Schreibweise eines persischen Namens in einem vorzunehmenden Personenstandseintrag

Maßgebend für die Schreibweise des Familiennamens und des Vornamens in einem vorzunehmenden Personenstandseintrag ist nach Art. 2 Abs. 1 NamÜbk allein die vorliegende Urkunde.

BGH v. 8.2.2023 - XII ZB 402/22
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten zu 1) und 2) - Mutter und Vater - sind die aus Iran stammenden Eltern des am 8.10.2016 in Deutschland geboren Sohnes R. Dessen Geburtsname ist im deutschen Geburtenregister als S...boiy H... eingetragen worden. Dies entspricht der aus dem Persischen in die lateinische Schrift vorgenommenen Transliteration des väterlichen Namens in der Schreibweise der für ihn zuletzt ausgestellten, bis Oktober 2016 bzw. August 2018 gültigen Nationalpässe der Islamischen Republik Iran. Die Beteiligten zu 1) und 2) begehren die Berichtigung des Eintrags in S...bouei H..., was der lateinischen Schreibweise in der für den Vater ausgestellten Aufenthaltsgestattung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sowie in einem für ihn im Juli 2017 ausgestellten deutschen Reiseausweis entspricht. Sowohl der iranische Nationalpass mit der Schreibweise S...boiy H... als auch die deutsche Aufenthaltsgestattung mit der Schreibweise S...bouei H... waren anlässlich des vorzunehmenden Geburtseintrags vorgelegt worden.

Der Name einer weiteren Tochter der Beteiligten zu 1) und 2) ist in deren iranischen Nationalpass mit S...boueih... (in zusammenhängender Schreibweise) in lateinischer Schrift angegeben, im inländischen Reiseausweis mit S...bouei H.... (in getrennter Schreibweise). Der Name des Bruders R des Beteiligten zu 2) ist in seinem iranischen Nationalpass und in seinem deutschen Reisepass mit S...bouei H.... angegeben. Dessen Sohn wird im iranischen Nationalpass in dreigliedrig getrennter Schreibweise als S... Bouei H... geführt. Der Name des weiteren Bruders A des Beteiligten zu 2) wird im iranischen Nationalpass und im deutschen Reiseausweis jeweils mit S...bouei H... angegeben.

Das AG ordnete auf Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) an, den Geburtseintrag des Betroffenen dahin zu berichtigen, dass sein Geburtsname und der Familienname seines Vaters jeweils S...bouei H... lauten. Das OLG wies die Beschwerde der Beteiligten zu 3) (Standesamtsaufsicht) zurück. Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3) wies der BGH den Antrag auf Berichtigung des Geburtseintrags des Standesamts zurück.

Die Gründe:
Die Berichtigung eines abgeschlossenen Registereintrags gem. §§ 47, 48 PStG setzt eine von Anfang an bestehende Unrichtigkeit voraus. Unrichtig in diesem Sinne ist jeder Eintrag, dessen Inhalt auf der Verletzung materiell- oder verfahrensrechtlicher Vorschriften beruht. Der Begriff der Unrichtigkeit ist weit zu verstehen und umfasst sowohl tatsächlich oder rechtlich unrichtige als auch unvollständige Registereinträge. Nach diesen Maßstäben ist der vorgenommene Eintrag nicht unrichtig.

Die Angabe von Familiennamen und Vornamen jeder Person in den Personenstandsbüchern richtet sich ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit nach dem Berner CIEC-Übereinkommen Nr. 14 über die Angabe von Familiennamen und Vornamen in den Personenstandsbüchern (NamÜbk) vom 13.9.1973. Soll von einer Behörde eines Vertragsstaats eine Eintragung in ein Personenstandsbuch vorgenommen werden und wird zu diesem Zweck eine Abschrift eines Personenstandseintrags oder ein Auszug aus diesem oder eine andere Urkunde vorgelegt, die die Familiennamen und Vornamen in den gleichen Schriftzeichen wiedergibt wie in denjenigen der Sprache, in der die Eintragung vorgenommen werden soll, so sind diese Familiennamen und Vornamen buchstabengetreu ohne Änderung oder Übersetzung wiederzugeben (Art. 2 Abs. 1 NamÜbk).

Zutreffend hat das Standesamt den anlässlich des Geburtseintrags vorgelegten iranischen Nationalpass des Beteiligten zu 2) als eine "andere Urkunde" i.S.d. vorgenannten Bestimmung angesehen und den Familiennamen buchstabengetreu so übernommen, wie er in dieser Urkunde in lateinische Schrift transliteriert aufgeführt war. Die Transliteration war nach dem eingeholten Sachverständigengutachten als eine von mehreren Möglichkeiten nach den Regeln der Linguistik zulässig vorgenommen worden und enthält damit keinen offensichtlichen Schreibfehler i.S.v. Art. 1 Abs. 4 NamÜbk. Ebenfalls zutreffend hat das Standesamt nicht auf die ebenfalls vorgelegte deutsche Aufenthaltsgestattung zurückgegriffen, welche seinerzeit ohne Vorlage von Personenstandsurkunden oder iranischen Passdokumenten ausgestellt worden war und den Namen des Beteiligten zu 2) in einer von ihm angegebenen, abweichenden Transliteration wiedergibt. Denn nicht das deutsche Ausweisdokument, sondern nur der von der Islamischen Republik Iran ausgestellte Nationalpass ist gemäß den für den Heimatstaat geltenden Bestimmungen aus einer Personenstandsurkunde abgeleitet und als heimatstaatliche Urkunde auch hinsichtlich der darin festgelegten Transliteration maßgebend.

Entgegen der Auffassung des OLG ist die vorhandene Eintragung auch nicht dadurch unrichtig, dass der Beteiligte zu 2) im Falle einer künftigen Neuausstellung eines iranischen Nationalpasses eine andere lateinische Schreibweise seines Namens wählen könnte. Denn zulässiger Anknüpfungspunkt für die Schreibweise des Familiennamens und des Vornamens in einem vorzunehmenden Personenstandseintrag ist nach Art. 2 Abs. 1 NamÜbk allein die vorgelegte, existente Urkunde. Die im Übereinkommen normierte Bestimmung, die in einer vorgelegten Urkunde enthaltene Schreibweise buchstabengetreu ohne Änderung oder Übersetzung wiederzugeben, wahrt nicht nur die Souveränität des Heimatstaats, dessen Recht der Name einer Person auch hinsichtlich der Schreibweise unterliegt, sondern sie soll auch und vor allem eine einheitliche Angabe von Familiennamen und Vornamen in den Personenstandsregistern der einzelnen Staaten gewährleisten und dient damit vorrangig öffentlichen Ordnungsinteressen. In Anbetracht dieses Regelungszwecks kann nicht auf bloße heimatstaatliche Wahlmöglichkeiten abgestellt werden, die urkundlich nicht umgesetzt sind und deshalb auch für andere Staaten keine bindende Festlegung darstellen.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
§§ 1617 I, 1617b I BGB: "Geschwisterbindung" im Namensrecht [m. Anm. Flindt, S. 29]
BGH vom 21.09.2022 - XII ZB 504/21
Jan Ole Flindt, FamRZ 2023, 27

Kurzbeitrag:
BGH: Zur Bindungswirkung der Bestimmung über den Geburtsnamen eines Kindes für früher geborene Geschwisterkinder
FamRB 2022, R7

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