05.05.2014

Zur Unwirksamkeit einer Vorausverfügung über die Miete gegenüber dem Zwangsverwalter

Eine nach periodischen Zeitabschnitten bemessene Miete i.S.d. § 1124 Abs. 2 BGB ist auch bei einer im Mietvertrag vereinbarten Einmalzahlung anzunehmen, wenn ohne weiteres eine Umrechnung des geschuldeten Einmalbetrags auf periodische - üblicherweise monatliche - Zeitabschnitte erfolgen kann, weil der Mietvertrag von vorneherein auf eine feste Mietzeit abgeschlossen wurde. An das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums müssen auch im Wohnraummietrecht strenge Anforderungen gestellt werden.

BGH 30.4.2014, VIII ZR 103/13
Der Sachverhalt:
Über das Vermögen des Beklagten zu 2) wurde 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Er war ursprünglich Eigentümer eines von ihm und seiner Ehefrau, der Beklagten zu 3), bewohnten Hausgrundstückes. Im August 2009 wurde das Hausgrundstück zwangsversteigert. Da der Ersteher den "Kaufpreis" nicht vollständig zahlte, wurde ein Zwangsverwaltungsverfahren eingeleitet, in dem der Kläger Ende November 2009 zum Zwangsverwalter über das Grundstück bestellt wurde.

Die Beklagten zu 2) und 3) beriefen sich gegenüber dem Kläger auf einen mit ihrer Tochter, der Beklagten zu 1) geschlossenen Untermietvertrag. Diese habe mit dem Ersteher im August 2009 einen Festmietvertrag für den Zeitraum von September 2009 bis zum Ende August 2015 abgeschlossen und die vereinbarte Miete von 35.000 € am selben Tag an den Ersteher gezahlt. Die Beklagte zu 1) meinte zudem, dass die an den Ersteher geleistete Einmalzahlung dem Kläger gegenüber wirksam und sie deshalb nicht zur Zahlung von Miete an ihn verpflichtet sei. Im Mai 2010 und Februar 2012 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten zu 1) die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs.

Das AG wies die gegen alle Beklagten gerichtete Räumungsklage sowie die gegen die Beklagte zu 1) erhobene Zahlungsklage ab; das LG gab dem Zahlungsantrag teilweise statt und wies die Klage im Übrigen ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und gab auch dem Räumungsanspruch statt. Die Revision der Beklagten zu 1), mit der sie die vollständige Abweisung der Klage begehrte, blieb dagegen erfolglos.

Die Gründe:
Zu Recht hatte das Berufungsgericht angenommen, dass die Vorausverfügung gegenüber dem Kläger unwirksam und die Beklagte zu 1) ab Januar 2010 zur Zahlung einer monatlichen Miete i.H.v. rund 486 € an den Zwangsverwalter verpflichtet war. Denn eine nach periodischen Zeitabschnitten bemessene Miete i.S.d. § 1124 Abs. 2 BGB ist auch bei einer im Mietvertrag vereinbarten Einmalzahlung anzunehmen, wenn ohne weiteres eine Umrechnung des geschuldeten Einmalbetrags auf periodische - üblicherweise monatliche - Zeitabschnitte erfolgen kann, weil der Mietvertrag von vorneherein auf eine feste Mietzeit abgeschlossen wurde.

Zu Unrecht hatte das Berufungsgericht allerdings die auf Zahlungsverzug gestützten Kündigungen wegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums der Beklagten zu 1) für unwirksam gehalten. Schließlich müssen nach gefestigter BGH-Rechtsprechung an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums auch im Wohnraummietrecht strenge Anforderungen gestellt werden; es besteht kein Grund, im Rahmen von § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu Gunsten des Mieters einen milderen Maßstab anzulegen.

Ein unverschuldeter Rechtsirrtum demzufolge liegt nur dann vor, wenn der Schuldner die Rechtslage unter Einbeziehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung sorgfältig geprüft hat und bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte. Entscheidet er sich bei zweifelhafter Rechtslage hingegen dafür, die von ihm geforderte Leistung nicht zu erbringen, geht er das Risiko, dass sich seine Einschätzung später als falsch erweist, zumindest fahrlässig ein und hat deshalb seine Nichtleistung zu vertreten, wenn er - wie in einem späteren Rechtsstreit festgestellt wird - zur Leistung verpflichtet war.

Infolgedessen musste hier die Beklagte zu 1) gerade mit Rücksicht auf die unsichere Rechtslage mit der Möglichkeit rechnen, dass sie zur Zahlung von Miete an den Kläger verpflichtet war und durfte das mit der unsicheren Rechtslage verbundene Risiko nicht auf diesen abwälzen. Da die Kündigung des Klägers mithin wirksam war, waren die Beklagten auch zur Räumung verpflichtet.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 73 vom 30.4.2014
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