Zur Verjährung von Rückforderungsansprüchen nach einer Prämienanpassung in der PKV
BGH v. 17.11.2021 - IV ZR 113/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger wandte sich gegen mehrere Beitragserhöhungen in den Jahren 2008, 2009, 2013 und 2016, die sein privater Krankenversicherer vorgenommen hatte. Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beitragserhöhungen wegen unzureichender Begründungen i.S.d. § 203 Abs. 5 VVG unwirksam seien; er forderte mit seiner im Jahr 2018 erhobenen Klage zuletzt u.a. die Rückzahlung der auf die Beitragserhöhungen vom 1.7.2008 bis zum 31.12.2017 gezahlten Prämienanteile.
Das LG gab der Klage statt und verurteilte den beklagten Versicherer u.a. antragsgemäß zur Rückzahlung der gezahlten Erhöhungsbeträge. Das OLG änderte dies teilweise ab und verurteilte die Beklagte u.a. nur zur Rückzahlung der vom 1.1.2015 bis zum 31.12.2017 geleisteten Erhöhungsbeträge. Weitere Beitragszahlungen, die bis Ende 2014 erfolgt seien, seien nicht zurückzuerstatten, da insoweit Verjährung eingetreten sei. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Die Erhebung einer Klage, mit der die formelle Unwirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung aufgrund einer den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG nicht genügenden Begründung geltend gemacht wird, war jedenfalls dann nicht wegen einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage bis zur Klärung durch den BGH unzumutbar, wenn der Versicherungsnehmer gleichwohl bereits vor einer höchstrichterlichen Entscheidung seinen Anspruch gegenüber dem Schuldner geltend macht und dadurch selbst zu erkennen gibt, vom Bestehen des Anspruchs auszugehen. Der Beginn der Verjährungsfrist für Ansprüche auf Rückzahlung erhöhter Beiträge war daher nicht bis zu einer Entscheidung des BGH hinausgeschoben. Der IV. Zivilsenat hatte mit Urteil vom 16.12.2020 (IV ZR 294/19) über die Anforderungen an die Begründung einer Prämienanpassung entschieden.
Der Kläger erlangte die für den Beginn der Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis vom Fehlen des Rechtsgrundes für die Zahlung der Erhöhungsbeträge mit Erhalt der seiner Ansicht nach formal unzureichenden Änderungsmitteilungen. Dagegen ist es für den Beginn der Verjährungsfrist ohne Bedeutung, ob er mit dem Zugang der Änderungsmitteilungen auch Kenntnis von den Tatsachen hatte, aus denen die von ihm ebenfalls geltend gemachte materielle Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen folgen könnte. Eine erneute Kenntnisnahme vom Fehlen desselben Rechtsgrundes aus weiteren Gründen setzt keine neue Verjährungsfrist in Gang.
Das OLG hat daher zu Recht die Rückzahlungsansprüche für die bis zum 31.12.2014 geleisteten Erhöhungsbeträge für verjährt gehalten. Während die Revision des Klägers deswegen insgesamt zurückzuweisen war, hatte die Revision der Beklagten zu nicht die Verjährung betreffenden Fragen teilweise Erfolg und führte insoweit zur Abänderung des Berufungsurteils. Im Übrigen war das Berufungsurteil teilweise aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückzuverweisen, damit es die materielle Rechtmäßigkeit der Prämienanpassungen aus den Jahren 2008, 2009 und 2013 im Hinblick auf die in nicht verjährter Zeit gezahlten Erhöhungsbeträge prüfen kann.
Mehr zum Thema:
BGH PM Nr. 214 vom 17.11.2021
Der Kläger wandte sich gegen mehrere Beitragserhöhungen in den Jahren 2008, 2009, 2013 und 2016, die sein privater Krankenversicherer vorgenommen hatte. Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beitragserhöhungen wegen unzureichender Begründungen i.S.d. § 203 Abs. 5 VVG unwirksam seien; er forderte mit seiner im Jahr 2018 erhobenen Klage zuletzt u.a. die Rückzahlung der auf die Beitragserhöhungen vom 1.7.2008 bis zum 31.12.2017 gezahlten Prämienanteile.
Das LG gab der Klage statt und verurteilte den beklagten Versicherer u.a. antragsgemäß zur Rückzahlung der gezahlten Erhöhungsbeträge. Das OLG änderte dies teilweise ab und verurteilte die Beklagte u.a. nur zur Rückzahlung der vom 1.1.2015 bis zum 31.12.2017 geleisteten Erhöhungsbeträge. Weitere Beitragszahlungen, die bis Ende 2014 erfolgt seien, seien nicht zurückzuerstatten, da insoweit Verjährung eingetreten sei. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Die Erhebung einer Klage, mit der die formelle Unwirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung aufgrund einer den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG nicht genügenden Begründung geltend gemacht wird, war jedenfalls dann nicht wegen einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage bis zur Klärung durch den BGH unzumutbar, wenn der Versicherungsnehmer gleichwohl bereits vor einer höchstrichterlichen Entscheidung seinen Anspruch gegenüber dem Schuldner geltend macht und dadurch selbst zu erkennen gibt, vom Bestehen des Anspruchs auszugehen. Der Beginn der Verjährungsfrist für Ansprüche auf Rückzahlung erhöhter Beiträge war daher nicht bis zu einer Entscheidung des BGH hinausgeschoben. Der IV. Zivilsenat hatte mit Urteil vom 16.12.2020 (IV ZR 294/19) über die Anforderungen an die Begründung einer Prämienanpassung entschieden.
Der Kläger erlangte die für den Beginn der Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis vom Fehlen des Rechtsgrundes für die Zahlung der Erhöhungsbeträge mit Erhalt der seiner Ansicht nach formal unzureichenden Änderungsmitteilungen. Dagegen ist es für den Beginn der Verjährungsfrist ohne Bedeutung, ob er mit dem Zugang der Änderungsmitteilungen auch Kenntnis von den Tatsachen hatte, aus denen die von ihm ebenfalls geltend gemachte materielle Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen folgen könnte. Eine erneute Kenntnisnahme vom Fehlen desselben Rechtsgrundes aus weiteren Gründen setzt keine neue Verjährungsfrist in Gang.
Das OLG hat daher zu Recht die Rückzahlungsansprüche für die bis zum 31.12.2014 geleisteten Erhöhungsbeträge für verjährt gehalten. Während die Revision des Klägers deswegen insgesamt zurückzuweisen war, hatte die Revision der Beklagten zu nicht die Verjährung betreffenden Fragen teilweise Erfolg und führte insoweit zur Abänderung des Berufungsurteils. Im Übrigen war das Berufungsurteil teilweise aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückzuverweisen, damit es die materielle Rechtmäßigkeit der Prämienanpassungen aus den Jahren 2008, 2009 und 2013 im Hinblick auf die in nicht verjährter Zeit gezahlten Erhöhungsbeträge prüfen kann.
- Den Volltext zu BGH v. 16.12.2020 - IV ZR 294/19 finden Sie in Otto Schmidt online hier
- und hier - Rechtsprechung: Beitragserhöhung in der privaten Krankenversicherung: Erforderlicher Begründungsinhalt (MDR 2021, 170)
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