20.06.2023

Zusammenrechnung der aus einem Antrag i.S.v. § 113 Abs. 5 Nr. 2 FamFG und einem Widerantrag resultierenden Beschwer

Für die Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands nach § 61 Abs. 1 FamFG ist die aus einem Antrag i.S.v. § 113 Abs. 5 Nr. 2 FamFG und einem Widerantrag resultierende Beschwer zusammenzurechnen, soweit die Anträge mehrere, wirtschaftlich selbständige Ansprüche zum Gegenstand haben, ein Beteiligter bezüglich beider Anträge unterliegt und er die Entscheidung in diesem Umfang mit der Beschwerde angreift. Handelt es sich nicht um wirtschaftlich selbständige Ansprüche, ist der Anspruch mit dem höheren (Einzel-)Wert maßgeblich.

BGH v. 3.5.2023 - XII ZB 2/22
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerinnen nehmen den Antragsgegner auf Auskunftserteilung und Belegvorlage in einem Stufenverfahren über Kindesunterhalt (Antragstellerin zu 1) und Unterhalt nach § 1615 l BGB (Antragstellerin zu 2) in Anspruch. Widerantragend macht der Antragsgegner Auskunfts- und Belegansprüche gegen die Antragstellerin zu 2) geltend.

Das AG gab dem Antrag der Antragstellerinnen (Hauptantrag) weitgehend und dem Widerantrag des Antragsgegners nur teilweise statt. Hiergegen legte der Antragsgegner Beschwerde ein, mit der er seinen Antrag auf Abweisung des Hauptantrags weiterverfolgt und sich gegen die teilweise Abweisung seines Widerantrags gewandt hat. Das OLG verwarf die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Verpflichtung des Antragsgegners zur Auskunftserteilung und Belegvorlage aus dem Hauptantrag richtet, mangels Erreichens des Beschwerdewerts. Hinsichtlich des Widerantrags gab es der Beschwerde teilweise statt.

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners hob der BGH den Beschluss des OLG auf und verwies die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Das OLG ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands hinsichtlich des Haupt- und Widerantrags jeweils gesondert vorliegen muss.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist für die Bemessung der Rechtsmittelbeschwer die Beschwer von Klage und Widerklage zusammenzurechnen, soweit sie mehrere, wirtschaftlich selbständige Ansprüche zum Gegenstand haben, eine Partei bezüglich beider Klagen unterliegt und sie das Urteil in diesem Umfang mit einem Rechtsmittel angreift. Auf dieser rechtlichen Grundlage ist der Wert der Beschwer nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 3 ZPO nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Bemessung der Beschwer nur eingeschränkt darauf überprüfen, ob das Beschwerdegericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat.

Gemessen hieran ist die Beschwerde des Antragsgegners auch hinsichtlich des Hauptantrags zulässig. Das AG hat diesem Antrag weitgehend stattgegeben und den Widerantrag des Antragsgegners teilweise abgewiesen. Gegen beides richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Deshalb ist für den Wert des Beschwerdegegenstands die Höhe der Summe der Werte der Beschwer von Haupt- und Widerantrag maßgeblich, soweit deren Gegenstände nicht wirtschaftlich identisch sind. Diese Summe beliefe sich schon nach der vom OLG selbst zugrunde gelegten Wertbemessung auf 1.070 € (Hauptantrag: 320 €; Widerantrag: 750 €) und überstiege damit die Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG von 600 €.

Vorliegend kann jedoch dahinstehen, ob Haupt- und Widerantrag deshalb teilweise wirtschaftlich identisch sind, weil die wechselseitigen Auskunfts- und Belegansprüche der Antragstellerin zu 2) und des Antragsgegners denselben Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB betreffen und der Antragsgegner seinen Anspruch allein zur Abwehr des Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin zu 2) geltend macht. Denn Folge einer wirtschaftlichen Identität der Gegenstände wäre, dass für die Bemessung der Rechtsmittelbeschwer (nur) der höhere Wert von Haupt- oder Widerantrag maßgeblich wäre. Dies wäre vorliegend der Wert des Widerantrags, den das OLG mit 750 € bemessen hat. Da schon dieser die Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG von 600 € übersteigt, kommt es nicht darauf an, ob zu diesem noch der Wert der Beschwer hinsichtlich des Hauptantrags, den das OLG mit 320 € bemessen hat, hinzuzusetzen ist.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | FamFG
§ 61 Beschwerdewert; Zulassungsbeschwerde
Abramenko in Prütting/Helms, FamFG, Kommentar, 6. Aufl. 2023
6. Aufl./Lfg. 09.2022

Nachzulesen im Aktionsmodul Familienrecht:
Online-Unterhaltsrechner mit jeweils den aktuellen Werten der Düsseldorfer Tabelle. Top Inhalte online: FamRZ und FamRZ-Buchreihe von Gieseking, FamRB von Otto Schmidt, "Gerhardt" von Wolters Kluwer und vielen Standardwerken. Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO: Für Fachanwälte mit Beiträgen zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!
BGH online
Zurück