20.09.2023

Zuständigkeit der Gerichte in bei einem Schiedsgericht anhängig zu machenden Streitverfahren

Gericht der Hauptsache im Sinne des § 943 ZPO ist in den Fällen, in denen das Streitverfahren vor einem Schiedsgericht zu führen ist oder geführt wird, das Amts- oder Landgericht, welches nach den allgemeinen Regeln ohne die Schiedsvereinbarung zuständig wäre.

OLG Frankfurt v. 10.7.2023 - 26 SchH 5/23
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin begehrt die Rückgabe einer geleisteten Sicherheit. Die Antragstellerin und der Antragsgegner schlossen 2021 u.a. einen notariellen Anteilskaufvertrag. Durch diesen Vertrag verpflichtete sich der Antragsgegner u.a., seine Geschäftsanteile an der X GmbH auf die Antragstellerin gegen Zahlung eines in Ziff. 4 des Vertrages näher bestimmten Kaufpreises zu übertragen. Ziff. 12.7.2 des Vertrages beinhaltete eine Schiedsvereinbarung, in der es u.a. heißt: "Alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit dieser Vereinbarung ... werden unter Ausschluss der Zuständigkeit staatlicher Gerichte ... gemäß der Schiedsordnung der Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS) in der jeweils anwendbaren Fassung durch ein Schiedsgericht entschieden. ... Ort des Schiedsverfahrens ist Frankfurt am Main, Deutschland.".

Ziff. 12.7.3 des Vertrages lautet wie folgt: "Verlangt entgegen der Schiedsabrede in Ziff. 12.7.2 zwingendes Recht die Entscheidung einer Angelegenheit aus oder im Zusammenhang mit dieser Vereinbarung oder ihrer Durchführung durch ein ordentliches Gericht, ist der Gerichtsstand soweit rechtlich zulässig Frankfurt am Main, Deutschland".

Mit Versäumnisurteil ordnete das AG Leipzig als Arrestgericht im September 2022 in dem Verfahren ... u.a. den dinglichen Arrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Antragsgegners wegen einer Forderung der Antragstellerin in Höhe von 3,6 Mio € an. Mit Endurteil aus Dezember 2022 hielt das AG Leipzig das Versäumnisurteil aufrecht, ordnete aber zugleich in Ziff. 4 des Tenors u.a. an, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages fortgesetzt werden dürfe.

In der Folgezeit erbrachte die Antragstellerin die angeordnete Sicherheit.

Mit Urteil vom 14.4.2023 änderte das LG Leipzig auf die Berufung der Antragstellerin das Endurteil des AG Leipzig teilweise ab und strich Ziff. 4 des Urteilstenors.

Zwischenzeitlich hatte die Antragstellerin wegen der arrestgegenständlichen Ansprüche eine Schiedsklage gegen den Antragsgegner bei der Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS) eingereicht (Anlage ASt 6).

Mit seinem beim Senat angebrachten Antrag begehrt die Antragstellerin nunmehr die Rückgabe der Sicherheit gemäß § 109 ZPO.

Und geht dabei von einer Zuständigkeit des Oberlandesgericht Frankfurt a.M. aus. Diese folge aus § 943 Abs. 2 ZPO. Vorliegend sei die Hauptsache beim Schiedsgericht anhängig. Da die Anordnungen gemäß § 109 Abs. 1 und 2 ZPO auch gegenüber der an die Schiedsvereinbarung nicht gebundenen bürgenden Bank Wirkungen entfalteten, könne das Schiedsgericht sie nicht treffen. In solchen Fällen sei "Gericht der Hauptsache" im Sinn des § 943 ZPO das für die Vollstreckbarerklärungs- und sonstigen schiedsverfahrensbezogenen Nebenverfahren zuständige Oberlandesgericht am Schiedsort.

Das OLG hat das Verfahren an das Landgericht Leipzig verwiesen. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Gründe:
Eine Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main für die Behandlung des gestellten Antrags ist nicht gegeben, so dass das Verfahren entsprechend § 281 ZPO an das Landgericht Leipzig zu verweisen ist.

Zuständig für einen Beschluss nach § 109 Abs. 3 Satz 2 ZPO über einen Antrag nach § 109 Abs. 1 ZPO ist grundsätzlich das Gericht, das die Bestellung der Sicherheit angeordnet oder zugelassen hat. Gemäß § 943 Abs. 2 ZPO ist allerdings im Falle eines Arrestverfahrens das Gericht der Hauptsache für die nach § 109 ZPO zu treffenden Anordnungen ausschließlich zuständig, wenn die Hauptsache anhängig ist oder anhängig gewesen ist.

Gericht der Hauptsache im Sinne des § 943 ZPO ist jedoch in den Fällen, in denen das Streitverfahren vor einem Schiedsgericht zu führen ist oder geführt wird, das Amts- oder Landgericht, welches nach den allgemeinen Regelungen ohne die Schiedsvereinbarung zuständig wäre. Demgegenüber besteht keine Zuständigkeit des Oberlandesgerichts nach § 1062 ZPO, denn die "Hauptsache" im Sinne des § 943 ZPO ist der zwischen den Parteien zu verhandelnde Streitfall und nicht etwa die Vollstreckbarerklärung oder die Aufhebung eines etwaigen Schiedsspruchs.

Nach alledem fehlt es an einer Zuständigkeit des OLG Frankfurt a.M. für den gestellten Antrag.

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Link zum Volltext der Entscheidung

Kommentierung | ZPO
§ 943 Gericht der Hauptsache
G. Vollkommer in Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022

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