Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde auf die Teilung eines oder mehrerer Versorgungsanrechte
BGH v. 23.9.2020 - XII ZB 250/20
Der Sachverhalt:
Die beteiligten Eheleute streiten im Scheidungsverbund um den Versorgungsausgleich. In der gesetzlichen Ehezeit von 2004 bis 2015 haben beide Eheleute Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Die Antragstellerin stand am Ende der Ehezeit darüber hinaus in Bezug von zwei privaten Berufsunfähigkeitsrenten, die ihr nach einem während der Ehe eingetretenen Versicherungsfall von der A. Lebensversicherung (Beteiligte zu 1) gezahlt werden. Der Antragsgegner hat in der Ehezeit zudem ein betriebliches Anrecht in Form einer Direktversicherung beim D. Lebensversicherungsverein (Beteiligter zu 4) erlangt.
Das AG hat den Versorgungsausgleich im Scheidungsverbund geregelt und die gesetzlichen Rentenanrechte der Eheleute intern geteilt. Darüber hinaus hat es die Antragstellerin dazu verpflichtet, zum Ausgleich ihrer privaten Invaliditätsversorgung bei der A. Lebensversicherung monatliche Ausgleichsrenten an den Antragsgegner zu zahlen. Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, dass ein Ausgleich ihrer privaten Invaliditätsversorgungen gemäß § 27 VersAusglG wegen grober Unbilligkeit unterbleibt.
Das OLG hat die angefochtene Entscheidung teilweise abgeändert. Es hat jedoch abgelehnt, aus Härtegründen vom Ausgleich der privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen der Antragstellerin abzusehen und ihre Beschwerde insoweit zurückgewiesen.
Die Antragstellerin beantragte Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für die zugelassene Rechtsbeschwerde. Der BGH hat den Antrag abgelehnt.
Die Gründe:
Soweit sich die Rechtsbeschwerde dagegen wendet, dass das Beschwerdegericht nicht durch Anwendung der Härteklausel des § 27 VersAusglG vom Ausgleich der beiden privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen bei der A. Lebensversicherung abgesehen hat, bietet die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung schon mangels Zulässigkeit ihres Rechtsmittels keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 76 FamFG i.V.m. § 114 ZPO).
Insoweit ist ihre Rechtsbeschwerde unstatthaft, weil es an der nach § 70 Abs. 1 FamFG erforderlichen Zulassung durch das Beschwerdegericht fehlt. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist durch das Beschwerdegericht wirksam auf den Ausspruch zum Ausgleich des von dem Antragsgegner erworbenen betrieblichen Anrechts bei dem D. Lebensversicherungsverein beschränkt worden.
Eine Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde muss nicht in der Beschlussformel angeordnet sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben, wenn sie sich diesen mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen lässt. Hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die allein für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Verfahrensstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Entscheidungsgründe ergeben, dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf diesen Teil des Verfahrensstoffs beschränkt ist. So liegt der Fall auch hier. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde in den Entscheidungsgründen "im Hinblick auf die weiterhin ausstehende höchstrichterliche Klärung der Frage zugelassen, welche Rechnungsgrundlagen dem im Wege einer internen Teilung zu begründenden Anrecht des ausgleichsberechtigten Ehegatten zu Grunde zu legen" seien. Damit hat das Beschwerdegericht zum Ausdruck gebracht, dass es eine die Zulassung der Rechtsbeschwerde gebietende Grundsatzbedeutung (§ 70 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) der Sache nur wegen solcher Rechtsfragen erblickte, die sich im Zusammenhang mit der Überprüfung der Teilungsordnung des D. Lebensversicherungsvereins am Maßstab gleichwertiger Teilhabe nach § 11 Abs. 1 VersAusglG gestellt haben.
Die Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde auf das betriebliche Anrecht des Antragsgegners bei dem D. Lebensversicherungsverein ist auch wirksam.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kann auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des gesamten Verfahrensstoffs beschränkt werden, der Gegenstand einer Teil- oder Zwischenentscheidung sein oder auf den der Rechtsbeschwerdeführer selbst sein Rechtsmittel beschränken könnte. Weil nach neuem Versorgungsausgleichsrecht alle Versorgungsanrechte grundsätzlich unabhängig voneinander auszugleichen sind, wird in den meisten Fällen eine auf einzelne Anrechte beschränkte Teilanfechtung der Versorgungsausgleichsentscheidung und dementsprechend auch eine auf einzelne Anrechte beschränkte Teilzulassung einer Rechtsbeschwerde möglich sein.
Für eine auf einzelne Anrechte beschränkte Teilanfechtung der Versorgungsausgleichsentscheidung und dementsprechend auch für eine Teilzulassung der Rechtsbeschwerde ist allerdings dann kein Raum, wenn und soweit besondere Gründe die Einbeziehung sonstiger Anrechte in die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts zwingend gebieten. Von einer solchen - die Teilanfechtung und Teilzulassung ausschließenden - notwendigen wechselseitigen Abhängigkeit der im Versorgungsausgleich einzubeziehenden Versorgungsanrechte kann insbesondere dann ausgegangen werden, wenn bei einer Härtefallprüfung nach § 27 VersAusglG eine Gesamtwürdigung vorzunehmen ist.
Für die Entscheidung über die Teilhabe der Antragstellerin an dem betrieblichen Gegenanrecht des Antragsgegners bedarf es jedoch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse, die nach Vorstellung der Antragstellerin eine Anwendung der Härteklausel des § 27 VersAusglG zu ihren Gunsten rechtfertigen sollen. Unter den hier obwaltenden Umständen kann dieses Anrecht somit Gegenstand einer wirksamen Teilanfechtung oder einer wirksamen Teilzulassung sein.
Auch soweit die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin die Entscheidung des Beschwerdegerichts zur internen Teilung des von dem Antragsgegner erworbenen betrieblichen Anrechts bei dem D. Lebensversicherungsverein beanstandet und der Zulässigkeit ihres Rechtsmittels insoweit keine Bedenken entgegenstehen, kommt eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht in Betracht, weil die Antragstellerin nicht die wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür erfüllt (§ 76 FamFG i.V.m. § 115 ZPO).
Die zu erwartenden Verfahrenskosten für den möglicherweise erfolgversprechenden Teil der Rechtsverfolgung wären hier im Sinne von § 115 Abs. 4 ZPO mit vier Monatsraten abgedeckt, so dass Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt werden kann.
BGH online
Die beteiligten Eheleute streiten im Scheidungsverbund um den Versorgungsausgleich. In der gesetzlichen Ehezeit von 2004 bis 2015 haben beide Eheleute Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Die Antragstellerin stand am Ende der Ehezeit darüber hinaus in Bezug von zwei privaten Berufsunfähigkeitsrenten, die ihr nach einem während der Ehe eingetretenen Versicherungsfall von der A. Lebensversicherung (Beteiligte zu 1) gezahlt werden. Der Antragsgegner hat in der Ehezeit zudem ein betriebliches Anrecht in Form einer Direktversicherung beim D. Lebensversicherungsverein (Beteiligter zu 4) erlangt.
Das AG hat den Versorgungsausgleich im Scheidungsverbund geregelt und die gesetzlichen Rentenanrechte der Eheleute intern geteilt. Darüber hinaus hat es die Antragstellerin dazu verpflichtet, zum Ausgleich ihrer privaten Invaliditätsversorgung bei der A. Lebensversicherung monatliche Ausgleichsrenten an den Antragsgegner zu zahlen. Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, dass ein Ausgleich ihrer privaten Invaliditätsversorgungen gemäß § 27 VersAusglG wegen grober Unbilligkeit unterbleibt.
Das OLG hat die angefochtene Entscheidung teilweise abgeändert. Es hat jedoch abgelehnt, aus Härtegründen vom Ausgleich der privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen der Antragstellerin abzusehen und ihre Beschwerde insoweit zurückgewiesen.
Die Antragstellerin beantragte Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für die zugelassene Rechtsbeschwerde. Der BGH hat den Antrag abgelehnt.
Die Gründe:
Soweit sich die Rechtsbeschwerde dagegen wendet, dass das Beschwerdegericht nicht durch Anwendung der Härteklausel des § 27 VersAusglG vom Ausgleich der beiden privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen bei der A. Lebensversicherung abgesehen hat, bietet die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung schon mangels Zulässigkeit ihres Rechtsmittels keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 76 FamFG i.V.m. § 114 ZPO).
Insoweit ist ihre Rechtsbeschwerde unstatthaft, weil es an der nach § 70 Abs. 1 FamFG erforderlichen Zulassung durch das Beschwerdegericht fehlt. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist durch das Beschwerdegericht wirksam auf den Ausspruch zum Ausgleich des von dem Antragsgegner erworbenen betrieblichen Anrechts bei dem D. Lebensversicherungsverein beschränkt worden.
Eine Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde muss nicht in der Beschlussformel angeordnet sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben, wenn sie sich diesen mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen lässt. Hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die allein für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Verfahrensstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Entscheidungsgründe ergeben, dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf diesen Teil des Verfahrensstoffs beschränkt ist. So liegt der Fall auch hier. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde in den Entscheidungsgründen "im Hinblick auf die weiterhin ausstehende höchstrichterliche Klärung der Frage zugelassen, welche Rechnungsgrundlagen dem im Wege einer internen Teilung zu begründenden Anrecht des ausgleichsberechtigten Ehegatten zu Grunde zu legen" seien. Damit hat das Beschwerdegericht zum Ausdruck gebracht, dass es eine die Zulassung der Rechtsbeschwerde gebietende Grundsatzbedeutung (§ 70 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) der Sache nur wegen solcher Rechtsfragen erblickte, die sich im Zusammenhang mit der Überprüfung der Teilungsordnung des D. Lebensversicherungsvereins am Maßstab gleichwertiger Teilhabe nach § 11 Abs. 1 VersAusglG gestellt haben.
Die Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde auf das betriebliche Anrecht des Antragsgegners bei dem D. Lebensversicherungsverein ist auch wirksam.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kann auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des gesamten Verfahrensstoffs beschränkt werden, der Gegenstand einer Teil- oder Zwischenentscheidung sein oder auf den der Rechtsbeschwerdeführer selbst sein Rechtsmittel beschränken könnte. Weil nach neuem Versorgungsausgleichsrecht alle Versorgungsanrechte grundsätzlich unabhängig voneinander auszugleichen sind, wird in den meisten Fällen eine auf einzelne Anrechte beschränkte Teilanfechtung der Versorgungsausgleichsentscheidung und dementsprechend auch eine auf einzelne Anrechte beschränkte Teilzulassung einer Rechtsbeschwerde möglich sein.
Für eine auf einzelne Anrechte beschränkte Teilanfechtung der Versorgungsausgleichsentscheidung und dementsprechend auch für eine Teilzulassung der Rechtsbeschwerde ist allerdings dann kein Raum, wenn und soweit besondere Gründe die Einbeziehung sonstiger Anrechte in die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts zwingend gebieten. Von einer solchen - die Teilanfechtung und Teilzulassung ausschließenden - notwendigen wechselseitigen Abhängigkeit der im Versorgungsausgleich einzubeziehenden Versorgungsanrechte kann insbesondere dann ausgegangen werden, wenn bei einer Härtefallprüfung nach § 27 VersAusglG eine Gesamtwürdigung vorzunehmen ist.
Für die Entscheidung über die Teilhabe der Antragstellerin an dem betrieblichen Gegenanrecht des Antragsgegners bedarf es jedoch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse, die nach Vorstellung der Antragstellerin eine Anwendung der Härteklausel des § 27 VersAusglG zu ihren Gunsten rechtfertigen sollen. Unter den hier obwaltenden Umständen kann dieses Anrecht somit Gegenstand einer wirksamen Teilanfechtung oder einer wirksamen Teilzulassung sein.
Auch soweit die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin die Entscheidung des Beschwerdegerichts zur internen Teilung des von dem Antragsgegner erworbenen betrieblichen Anrechts bei dem D. Lebensversicherungsverein beanstandet und der Zulässigkeit ihres Rechtsmittels insoweit keine Bedenken entgegenstehen, kommt eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht in Betracht, weil die Antragstellerin nicht die wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür erfüllt (§ 76 FamFG i.V.m. § 115 ZPO).
Die zu erwartenden Verfahrenskosten für den möglicherweise erfolgversprechenden Teil der Rechtsverfolgung wären hier im Sinne von § 115 Abs. 4 ZPO mit vier Monatsraten abgedeckt, so dass Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt werden kann.