05.07.2014

Abgrenzung von Arbeits- und Ordnungsverhalten bei Informationsveranstaltungen - tertium non datur?

Portrait von Axel Groeger
Axel Groeger

Nach § 77 Abs. 1 Nr. 1 TV-PT der Lufthansa hat die Gesamtvertretung in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb mitzubestimmen. Die Vorschrift entspricht § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist danach das betriebliche Zusammenleben und kollektive Zusammenwirken der Beschäftigten. Es beruht darauf, dass die Beschäftigten ihre vertraglich geschuldete Leistung innerhalb einer vom Arbeitgeber vorgegebenen Arbeitsorganisation erbringen und deshalb dessen Weisungsrecht unterliegen. Das berechtigt ihn dazu, Regelungen vorzugeben, die das Verhalten der Beschäftigten im Betrieb beeinflussen und koordinieren sollen. Solche Maßnahmen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats bzw. der Gesamtvertretung.

Die Arbeitgeberin führt in einem ihrer Schulungszentren im Vier- bis Sechs-Wochen-Rhythmus eine eintägige Informationsveranstaltung „Dialogforum“ für Cockpitmitarbeiter durch. Die Veranstaltung dauert jeweils von 9:30 Uhr bis 16:00 Uhr. Dabei haben die Teilnehmer Gelegenheit, mit Vertretern des Managements zu näher bestimmten Themenkomplexen zu diskutieren. Hierzu gehören ua.: „Lufthansa im Wettbewerb“, „Auslandsstrategie der Lufthansa“ und „Inhalte des Konzerntarifvertrags Cockpit“, „Maßnahmen der Treibstoffreduzierung“, „Strategie der Lufthansa Cargo“, „Vergütung & Mehr“ und „Germanwings“. Der Teilnehmerkreis ist auf etwa 60 bis 80 Mitarbeiter je Veranstaltung beschränkt. Es bleibt den einzelnen Teilnehmern überlassen, die Themen auszuwählen, mit denen sie sich im Rahmen der Veranstaltung befassen möchten. Sie sind nicht verpflichtet, Gespräche mit den Führungskräften vor Ort zu führen. Die Teilnahme an der Informationsveranstaltung ist für die Cockpitmitarbeiter verpflichtend, der Zeitaufwand wird als Arbeitszeit erfasst.

Die Gesamtvertretung hat ein Mitbestimmungsrecht reklamiert. Das BAG hat den zulässigen Antrag als unbegründet zurückgewiesen (Beschl. v. 15.4.2014 - 1 ABR 85/12). Die in der Informationsveranstaltung behandelten Themen betreffen allerdings nicht das Arbeitsverhalten der Cockpitmitarbeiter. Die dort diskutierten Themen stehen in keinem rechtserheblichen Zusammenhang zur Art und Weise der von Piloten, Copiloten und Flugingenieuren zu erbringenden Arbeitsleistung. Die Veranstaltung dient nicht der unmittelbaren Konkretisierung der für diese vereinbarten Arbeitspflichten. Die Teilnahme an dem Dialogforum betrifft allerdings auch nicht das Ordnungsverhalten der Cockpitmitarbeiter. Die Veranstaltung dient nicht dazu, das Verhalten der Arbeitnehmer in Bezug auf die betriebliche Ordnung und das betriebliche Zusammenleben der Arbeitnehmer zu koordinieren und zu beeinflussen, sondern dazu, den Cockpitmitarbeitern wirtschaftliche Zusammenhänge im Lufthansa-Konzern aufzuzeigen und unternehmerische Entscheidungen transparent zu machen. Bei dem „Dialogforum“ handelt es sich um eine allgemeine Informationsveranstaltung. Die Arbeitgeberin möchte ihren Cockpitmitarbeitern hierbei in regelmäßigen Abständen Hintergrundwissen über das Unternehmen vermitteln.

RA FAArbR Axel Groeger, Bonn www.redeker.de

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