17.07.2013

Ach, Griechenland!

Portrait von Axel Groeger
Axel Groeger

Nach Angaben des IWF stieg die Arbeitslosenquote in Griechenland von 7,68 % im Jahre 2008 auf 24,24 % im Jahre 2012 und wird 2013 schätzungsweise bei 26,99 % liegen. Sicher, das liegt immer noch weit hinter den über 6 Millionen (rd. 44 %) Erwerbslosen in Deutschland gegen Ende der Weimarer Republik im Jahr 1932, ist aber dennoch viel zu hoch! Mit der 4. Brüning´schen Notverordnung "zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutz des inneren Friedens" wurden seinerzeit die Tariflöhne auf das Niveau von 1927 und die Gehälter im öffentlichen Dienst um 9 % gesenkt. 

Drei renommierte Arbeitsrechtler aus Griechenland haben auf Einladung der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Köln letzten Freitag über die bereits beschlossenen Arbeitsmarktreformen referiert. Man erfuhr dort u.a., dass jede übertarifliche Vergütung, also auch die laufende Vergütung, unter Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden kann (a.A. BAG v. 25.4.2007 - 5 AZR 627/06, ArbRB online). Nun soll das griechische Parlament durch Aufhebung von Unkündbarkeitsregelungen die Voraussetzungen für weitere Massenentlassungen für den öffentlichen Dienst beschließen. Während 2009 noch 724 000 Staatsbedienstete beschäftigt gewesen sein sollen, sollen es im April 2013 nur noch 621 000 gewesen sein. Neben 15 000 Bediensteten, die bis nächstes Jahr entlassen werden sollen, müssen wohl weitere 25 000 in eine sogenannte "Mobilitätsreserve" gehen. Sofern für sie in den nächsten 8 Monaten keine andere Stelle für sie beim Staat gefunden werden kann, sollen sie auch entlassen werden (http://www.zeit.de/wirtschaft/2013-07/schaeuble-athen-kfw-griechenland). Mit der "Warteschleifenregelung" im Einigungsvertrag von 1990 hat dies nur wenig zu tun, denn seinerzeit ging es primär um die Überleitung von Beschäftigten in den öffentlichen Dienst. Eher schon ist man geneigt, an das "Personalüberhangmanagement" in manchen Bundesländern zu denken (dazu u.a. BAG v. 22.1.2009 - 8 AZR 906/07, ArbRB online).

Die "Abschaffung" einer ordentlichen Unkündbarkeit, um die es im Parlament in Athen zu gehen scheint, während der Verfasser diesen Beitrag schreibt und entsetzte Griechen ihren Unmut bekunden, wäre nach der Rechtsprechung des BAG allerdings eingeschränkt auch hierzulande möglich. Vertrauensgesichtspunkte stehen zwar grundsätzlich dem Wegfall eines bereits erlangten Unkündbarkeitsstatus durch eine tarifliche Neuregelung entgegen. Die Begrenzung rückwirkender Regelungen zum tariflichen Sonderkündigungsschutz greifen aber nicht, wenn der Ausschluss der ordentlichen Kündigung schon bisher Ausnahmetatbestände enthielt und die Neuregelung den Sonderkündigungsschutz nicht vollständig abschafft, sondern die Ausnahmetatbestände modifiziert (BAG v. 14.10.2007 - 4 AZR 812/06, ArbRB online).

Man möchte allen Politikern, Griechen und anderen Europäern, aber auch Amerikanern eine glückliche Hand in diesen Zeiten wünschen!

RA FAArbR Axel Groeger, Bonn www.redeker.de

 

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