Alltägliche Vergleichspraxis
Das BAG hat im Urteil vom 20.11.2019 (5 AZR 578/18) herausgestellt, dass bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs ausdrücklich Urlaubs- und/oder Freizeitausgleichsansprüche angesprochen werden müssen. Die Abgeltung muss somit explizit vereinbart werden.
Der beklagte Arbeitgeber (eine Steuerberater- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) hatte der Klägerin außerordentlich gekündigt. Später hatte man sich verglichen. Die Klägerin wurde bis zum 31.01.2017 unter Fortzahlung der vereinbarten Vergütung unwiderruflich freigestellt, wobei die Urlaubsansprüche für 2016 und 2017 in natura während der Freistellung gewährt worden waren.
Nicht geregelt wurde das Zeitguthaben der Klägerin in Höhe von 67,10 Stunden, die im Arbeitszeitkonto standen. Auch eine allgemeine Abgeltungs- bzw. Ausgleichsklausel war unterblieben.
Das BAG sprach der Klägerin – anders als noch vorher das LAG Hamm (12 Sa 218/18) – den Anspruch auf Abgeltung des Freizeitguthabens zu. Durch die Freistellung sei das Zeitguthaben nicht ohne weiteres abgebaut worden. Alleine die Vereinbarung einer unwiderruflichen Freistellung habe keine abgeltende Wirkung, wenn die Gegenstände der abzubauenden Guthaben des Arbeitsnehmers nicht bezeichnet seien. Der Arbeitnehmer wisse nicht, ob mittels der Freistellung der Freizeitausgleichsanspruch erfüllt worden oder nur der Beschäftigungsanspruch des Arbeitgebers ausgeschlossen sei.
Der 5. Senat hat damit die Rechtsprechung des 9. Senats in Bezug auf die Abgeltung von Urlaubsansprüchen während einer vereinbarten Freistellung (Urteil vom 9.6.1998 - 9 AZR 43/97) auf Freizeitausgleichsansprüche übernommen.
Wichtig ist, dass die Freistellung unwiderruflich erfolgt. Das ist hinsichtlich der Urlaubsansprüche notwendig, weil bei einer widerruflichen Freistellung Urlaubsansprüche nicht abgegolten werden können (BAG 19.5.2009 – 9 AZR 433/08; wer dies nachlesen möchte: Bauer/Lingemann/Diller/Hausmann, Anwaltsformularbuch Arbeitsrecht, 6. Aufl. 2017, Kapitel 23 Muster 23.1a, S. 960).