04.01.2016

Arbeit 4.0 - psychische Belastung, Digitalisierung und Arbeitsschutz

Portrait von Stefan Sasse
Stefan Sasse

2016 ist angebrochen. Welche Themen werden uns im Arbeitsrecht in nächster Zeit beschäftigen? Natürlich steht allem voran die Thematik des AÜG. Aber in den Diskussionen wird auch die Problematik und Erforderlichkeit einer möglichen Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes genannt. Insbesondere die sich verändernden Möglichkeiten der Arbeit und der Erreichbarkeit durch moderne Technologien lassen diese Frage angezeigt erscheinen. Denn wenn ein Arbeitnehmer abends noch eine E-Mail beantwortet, um dafür nachmittags früher nach Hause gehen zu können, erscheint dies aus Sicht des Arbeitnehmers möglicherweise als positiv. Das Abfassen der Mail ist aber Arbeit, so dass die Ruhezeit von elf Stunden gem. § 5 Abs. 1 ArbZG neu zu laufen beginnt. Hier stellt sich dann die Frage, ob der Arbeitnehmer eigenverantwortlich darüber entscheiden kann, was er macht und was ihm guttut – also z.B. lieber abends eine Mail beantworten und dafür an einem Nachmittag früher gehen (vgl. hierzu das Vorstandsmitglied der BASF Suckale in einem Interview im Rotary-Magazin 1/2016, S. 59 [61]).

Im Jahrbuch „Gute Arbeit 2016“ wird selbst bei dieser für den Arbeitnehmer aus meiner Sicht positiven Situation von einer zusätzlichen Verantwortungslast im Zusammenhang mit der Selbstorganisation gesprochen. Sofern die Fähigkeit zur Selbstorganisation nicht vorhanden sei (m.E. deutet die Autorin auch an, dass sie hiervon ausgeht), werde dies als anstrengend und unbefriedigend empfunden (Welskop-Deffaa in „Jahrbuch Gute Arbeit 2016“, S. 189 [195]). Welskop-Deffaa plädiert dann für betriebliche oder tarifliche Regeln und eine Verankerung des Rechtes auf Nichterreichbarkeit im Arbeitszeitgesetz. Auch die Gefährdungsbeurteilung gem. § 5 ArbSchG wird in diesem Kontext herangezogen. (a.a.O., S. 197 f.) Wenn auch der BDA Öffnungsklauseln für kollektive Regelungen betreffend Abweichungen von der gesetzlichen Mindestruhezeit für die Fälle vorsieht, in denen die Lage der Arbeitszeit durch die Beschäftigten bestimmt wird, sehe ich mich schon in der einen oder anderen Einigungsstelle zu diesem Thema sitzen.

Diese Diskussionsbeiträge lassen m.E. erahnen, wo in nächster Zeit in der arbeitsrechtlichen Diskussion „die Musik spielt“.

RA FAArbR Dr. Stefan Sasse, Magdeburg www.goehmann.de

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