28.01.2014

Arbeitgeber ist richtiger Beklagter bei Diskriminierungsklagen

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Detlef Grimm

Mitunter bereitet es auch mit Altersdiskriminierungsentschädigungsklagen vertrauten Prozessbevollmächtigten Schwierigkeiten, den richtigen Beklagten zu finden. Ein vom BAG am 23.01.2014 entschiedener Fall (Az. 8 AZR 118/13, Vorinstanz LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 22.11.2012 – 4 Sa 246/12) verdeutlicht das.

Der Kläger war Dipl. Betriebswirt mit mehrjähriger Berufserfahrung. Er bewarb sich im  September 2011 auf eine im Internet ausgeschriebener Stelle als Personalvermittler. Die Stellenausschreibung gab als Profil eine Berufserfahrung von „ein bis zwei Jahren“ und den Karrierestatus eines „Berufseinsteigers“ an. Bewerbungen sollten nicht an den Arbeitgeber, sondern an eine Personalvermittlungsgesellschaft - die Beklagte - gesandt werden. Am Ende der Stellenausschreibung war unter der Überschrift „Kontaktinformationen für Bewerber“ der in Aussicht genommene Arbeitgeber, der eine Schwestergesellschaft der Beklagten ist, benannt. Dorthin sandte der Kläger sein Bewerbungsschreiben. Seine Bewerbungsunterlagen richtete er an die beklagte Personalvermittlungsgesellschaft. Diese teilte dem Kläger dann im Oktober 2011 mit, die Bewerbung habe nicht berücksichtigt werden können. Andere Bewerber seien dem Anforderungsprofil „noch näher“ gekommen. Die Vorinstanzen hatten die Klagen abgewiesen.

Auch beim BAG  war die auf die Entschädigung für immaterielle Schäden nach § 15 Abs. 2 AGG gerichtete Klage gegen die Personalvermittlerin erfolglos. Der Kläger hatte gemeint, er sei bei der Bewerberauswahl wegen seines Alters benachteiligt worden. Das indiziere die Stellenausschreibung wegen des Hinweises auf die ein- bis zweijährige Berufserfahrung und dem Karrierestatus als „Berufseinsteiger“.

Das BAG begründet dies damit, dass der Anspruch auf Entschädigung für materielle Schäden nach § 15 Abs. 2 AGG sich ausschließlich gegen den Arbeitgeber richtet. Das folge aus dem systematischen Zusammenhang zwischen § 15 Abs. 2 AGG und § 15 Abs. 1 AGG, der in Bezug auf den materiellen Schaden den „Arbeitgeber“ zum Schadensersatz verpflichtet. Das gilt dann - so muss man das BAG verstehen - auch in Bezug auf den immateriellen Schaden. Das wurde auch früher schon gesehen: Sowohl die Rechtsprechung (ArbG München Urt. v. 21.12.2007, Az. 3 Ca 10240/07, AE 2008, 91) als auch die Literatur (Tschöpe-Schrader/Schraube, AnwaltsHandbuch Arbeitsrecht 8. Auflage 2013, Teil 1 F, Rz. 142 m.w.N.) verneinen einen Entschädigungsanspruch gegen einen Personalvermittler. Die Pflichten des AGG und demzufolge die Verantwortlichkeit nach § 15 Abs. 2 (und Abs. 1) AGG richten sich gegen den Arbeitgeber, er ist zur Entschädigung und zum Schadensersatz verpflichtet, nicht Dritte, die lediglich „Hilfstätigkeiten“ durchführen. Die an sich selbstverständliche Begründung steht in Übereinstimmung damit, dass umgekehrt den Arbeitgeber eine Verantwortlichkeit für das Verhalten Dritter trifft (§ 278 BGB), wenn er sich bei der Anbahnung des Arbeitsverhältnisses solcher Dritter (z.B. Personalvermittler) bedient. Das hatte das BAG in seinem Urteil vom 17.12.2009 (Az. 8 AZR 670/08, ArbRB 2010, 107 (Marquardt) deutlich herausgearbeitet: „Bedient sich der Arbeitgeber bei der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses eigener Mitarbeiter oder Dritter, so trifft ihn eine Verantwortlichkeit für deren Verhalten.“ (Orientierungssatz 3)

Der Kläger hat also dasjenige außer Acht gelassen, was sich nach der feststehenden Rechtsprechung des BAG und dem Gesetzeswortlaut aufgedrängt: Die Inanspruchnahme des potentiellen Arbeitgebers.

 

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