03.12.2013

AÜG-Reform mal andersherum

Portrait von Detlef Grimm
Detlef Grimm

Weithin unbemerkt haben die SPD-geführten Bundesländer (Rheinland-Pfalz, NRW, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Brandenburg) im Bundesrat einen Entschließungsantrag eingebracht, der die Herausnahme der öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften aus dem Anwendungsbereich des AÜG zum Gegenstand hat. Nachzulesen ist dies in der BR-Drucksache 745/13 v. 30.10.2013.

Der Bundesrat hat den Antrag an den Ausschuss verwiesen, und zwar am 8.11.2013, mithin zu einem Zeitpunkt, als sich die zukünftigen Großen Koalitionäre laut Gedanken über den Missbrauch von Arbeitnehmerüberlassung und Scheindienstwerkverträgen gemacht haben. Nach der Neuregelung des § 1 Abs. 3 AÜG zum 1.12.2011 ging die Bundesagentur für Arbeit von der Erlaubnispflichtigkeit der Personalgestellung und Abordnung im öffentlichen Dienst aus. Dies deshalb, weil nach der Neuregelung – abgesehen von den in § 1 Abs. 3 AÜG genannten Ausnahmen – die Arbeitnehmerüberlassung nur noch erlaubnisfrei ist, wenn sie nicht im Rahmen der "wirtschaftlichen Tätigkeit" des Arbeitgebers erfolgt. Wirtschaftliche Tätigkeit bestimmt sich nach der Rechtsprechung des EuGH und wird weit verstanden. Das LAG Baden-Württemberg hatte in einem Beschluss vom 17.04.2013 – 4 TaBV 7/12 festgestellt, dass zudem die stets auf Dauer angelegte Personalgestellung im öffentlichen Dienst grundsätzlich unvereinbar mit den Vorgaben des AÜG ist und die Arbeitnehmerüberlassung nur „vorübergehend erfolgen“ darf.

Die Bundesländer beklagen die mit den Anträgen auf Erlaubnis einer Arbeitnehmerüberlassung für Personalgestellungen und Abordnung verbundenen „erheblichen fiskalischen und bürokratischen Mehrbelastungen“ (so Seite 2 der BR-Drucksache 745/13, 2. Absatz). Daneben beklagt man sich über die Gebühren und die zunächst nur befristet gewährte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung, die Kosten bis zu 4.250,00 € pro Kommune herbeiführen würde. Aus diesem Grunde fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften im Hinblick auf Personalgestellungen und Abordnungen aus dem Anwendungsbereich des AÜG herauszunehmen.

Verschärft wird die Problematik für die öffentliche Hand sicherlich auch noch dadurch, dass die Fragen der Rechtsfolgen einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung nicht nur im Betriebsverfassungsrecht (dazu BAG v. 10.07.2013 – 7 ABR 91/13) unklar sind und manche Landesarbeitsgerichte aus §§ 9, 10 AÜG ein zum Auftraggeber – also Entleiher – fingiertes Arbeitsverhältnis annehmen, was auch der Bundesrat als Risiko ansieht (BR-Drucksache 745/13, Seite 2).

Trotzdem: Die öffentliche Hand sollte sich hüten, ein Sonderrecht zu schaffen und sich dazu noch über die bürokratischen und finanziellen Mehrbelastungen zu mokieren. Wie rechtsmissbräuchlich öffentliche Arbeitgeber vorgehen, zeigt die unzulässige und zu Recht vom EuGH kritisierte Art und Weise des Umgangs mit haushaltsrechtlichen Befristungen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG. Es liegt nahe, dass auch die öffentliche Hand der Aufsicht durch die BA bedarf.

Ansonsten gilt: Quod licet lovi non licet bovi.

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