08.11.2020

Außerordentlich fristlose Kündigung wegen Datenlöschung in erheblichem Umfang

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Axel Groeger

Löscht ein Arbeitnehmer im Anschluss an ein Personalgespräch, in dem der Arbeitgeber den Wunsch äußerte, sich vom Arbeitnehmer trennen zu wollen, vom Server des Arbeitgebers Daten in erheblichem Umfang (hier: 7,48 GB), rechtfertigt dies nach einem Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 17.9.2020 (17 Sa 8/20) eine außerordentlich fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Als wichtiger Grund ist neben der Verletzung vertraglicher Hauptpflichten auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten „an sich“ geeignet. Das unbefugte, vorsätzliche Löschen betrieblicher Daten auf EDV-Anlagen des Arbeitgebers ist ebenso wie das Vernichten von Verwaltungsvorgängen daher grundsätzlich als wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB geeignet. Dabei kommt es nach der zutreffenden Ansicht des LAG Baden-Württemberg nicht maßgeblich darauf an, ob sich der Arbeitnehmer durch das Löschen von Daten nach § 303a oder § 303b StGB strafbar gemacht hat (vgl. dazu OLG Nürnberg vom 23.1.2013 - 1 Ws 445/12, ZD 2013, 282; a.A. Floeth, ZD 2013, 529; krit. Popp, jurisPR-ITR 7/2013 Anm. 3) und auch nicht darauf, ob und mit welchem Aufwand ein Teil dieser gelöschten Daten wieder hergestellt werden konnte oder darauf, ob und in welchem Umfang die Arbeitgeberin für den weiteren Geschäftsablauf diese Daten tatsächlich benötigte. Denn es gehört zu den vertraglichen Nebenpflichten eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB, dass der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber den Zugriff auf betriebliche Dateien nicht verwehrt oder unmöglich macht (vgl. Hessisches LAG vom 5.8.2013 - 7 Sa 1060/10, RDV 2014, 167; Ebert, ArbRB 2014, 378; zum Löschen eines Programms auf dem dienstlichen Rechner vgl. Sächsisches LAG vom 17.1.2007 - 2 Sa 808/05, LAGE § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 96).

Ein unbefugtes Löschen von dem Arbeitgeber zustehenden und an diesen in entsprechender Anwendung von § 667 BGB herauszugebenden Dateien stellt sich als erhebliche Pflichtverletzung dar. Dem Arbeitgeber steht ein Anspruch in entsprechender Anwendung von § 667 BGB auf Herausgabe der im Arbeitsverhältnis vom Arbeitnehmer erstellten oder von Dritten erlangten digitalen Unterlagen zu (vgl. MüKo-BGB/Schäfer 8. Aufl. § 667 Rn. 18; Röckl, NZA-RR 2016, 505). Nach § 667 BGB ist der Arbeitnehmer wie ein Beauftragter verpflichtet, dem Arbeitgeber alles, was er zur Ausführung der ihm übertragenen Arbeit erhalten und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, herauszugeben. Zur Ausführung der übertragenen Arbeit erhalten hat der Arbeitnehmer alles, was ihm zum Zwecke der Durchführung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt worden ist. Aus dem Arbeitsverhältnis erlangt ist jeder Vorteil, den der Arbeitnehmer aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem Arbeitsverhältnis erhalten hat. Aus der Geschäftstätigkeit erlangt sind auch die vom Arbeitnehmer im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für den Arbeitgeber selbst angelegten Akten, sonstige Unterlagen und Dateien - mit Ausnahme von privaten Aufzeichnungen (vgl. BAG vom 14.12.2011 - 10 AZR 283/10; BAG vom 24.11.1960 - 5 AZR 261/60, AP LitUrhG § 11 Nr. 1). Wenn ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber eigenmächtig den Zugriff zu solchen Daten entzieht oder diese löscht, verstößt er derart gegen die selbstverständlichen Nebenpflichten eines jeden Arbeitnehmers, die Interessen des Arbeitgebers als seines Vertragspartners zu berücksichtigen, dass ein solches Verhalten in aller Regel zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt und die Fortsetzung bis zum Ende der Kündigungsfrist unzumutbar ist (vgl. auch LAG Hamm vom 16.3.2016 - 15 Sa 451/15; LAG Hamburg vom 24.2.2015 - 2 TaBV 10/14; LAG Köln vom 24.7.2002 - 8 Sa 266/02). Einer Abmahnung bedarf es in der Regel nicht, da ein Arbeitnehmer üblicherweise nicht annehmen kann, das unbefugte Löschen von geschäftlichen Daten werde vom Arbeitgeber hingenommen werden (vgl. Ebert, ArbRB 2014, 378, 381).

RA FAArbR Axel Groeger, Bonn www.redeker.de

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