BAG schiebt Missbrauch bei sachgrundlosen Befristungen einen Riegel vor
Das BAG hat mit Urteil vom 15.5.2013 (Az.: 7 AZR 525/11) entschieden, dass die Ausnutzung nach TzBfG zulässiger Möglichkeiten der Vermeidung einer Anschlussbeschäftigung eine rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltung darstellt, wenn sie ausschließlich dazu genutzt wird, die ansonsten eintretende Rechtsfolge zu verhindern. Im Fall eines solchen Rechtsmissbrauchs könne sich die Personalservicegesellschaft nicht auf die Rechtmäßigkeit der Befristung berufen, so dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zur Personalservicegesellschaft entstehe.
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Die Klägerin in dem Verfahren war befristet als Sachbearbeiterin in einer Unternehmensgruppe beschäftigt. Kurz vor Fristablauf ihres Arbeitsverhältnisses sprach sie ihr aktueller Arbeitgeber an und bot an, dass sie bei dem gruppenangehörigen Personaldienstleister zu ansonsten unveränderten Bedingungen einen erneuten befristeten Arbeitsvertrag erhalten könne. Der Arbeitsvertrag mit dem Personaldienstleister sah vor, dass die relevanten Vertragsbestandteile der Vorbeschäftigung entsprechend geltend sollen.
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Das LAG Köln hatte festgestellt, dass ein Arbeitsverhältnis mit dem ursprünglichen Arbeitgeber vorliegt. Das BAG gab der dagegen eingelegten Revision statt und verwies die Sache zurück. Dabei stellt der Senat zunächst klar, dass Arbeitgeber i.S.d. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG die natürliche oder juristische Person ist, die den Arbeitsvertrag geschlossen hat, und betont ausdrücklich, dass dies auch dann gilt, wenn der Arbeitnehmer auf Grundlage eines neuen Arbeitsvertrags auf seinem bisherigen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt wird. Das BAG bestätigt somit seine Rechtsprechung, nach der das Anschlussverbot arbeitgeberbezogen und gerade nicht betriebsbezogen zu sehen ist (BAG 18.10.2006 - 7 AZR 749/05).
Ausdrücklich nicht mehr festhalten will der Senat jedoch an seiner bisherigen Rechtsprechung, nach der für die Beurteilung der Rechtsmissbräuchlichkeit auf die Wertung des § 14 Abs. 2a) TzBfG zurückzugreifen sei. Der Senat stellt vielmehr klar, dass die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses einer von mehreren relevanten Aspekten ist. Zumindest dann, wenn - wie im entschiedenen Fall - keine nachvollziehbaren Gründe für den Arbeitgeberwechsel außer der Vermeidung des Anschlussverbots nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ersichtlich seien, könne im Einzelfall eine rechtsmissbräuliche Gestaltung vorliegen. Das BAG hat dabei insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin so gestellt werden sollte, als ob sie noch beim Vorunternehmen beschäftigt sei.
Anders als die Vorinstanz betont das BAG jedoch, dass die durch die Umgehung des Anschlussverbots nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG mit Treu und Glauben nicht zu vereinbarende Rechtslage nicht der Vertragsschluss „an sich“, sondern lediglich die im Vertrag enthaltenen Befristung ist. Weder in unmittelbarer, noch in mittelbarer Anwendung der §§ 9, 10 AÜG entsteht ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher, also dem ursprünglichen Arbeitgeber.
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Konsequenzen für die Praxis: Gerade in größeren Unternehmensgruppen werden Arbeitgeberwechsel häufig genutzt, um das Entstehen unbefristeter Arbeitsverhältnisse zu vermeiden. Zukünftig sollte von dieser Gestaltungsvariante nur noch Gebrauch gemacht werden, wenn dokumentierbar noch andere Befristungsinteressen seitens der Personalservicegesellschaft vorhanden sind. Diese könnten etwa in einem wirklichen Interesse an einem Arbeitgeberwechsel oder schwankendem Beschäftigungsbedarf liegen. Insgesamt ist jedoch in der Beratung zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung zunehmend genauer auf Funktionsweise und Zweckbestimmung unternehmensinterner Personalservicegesellschaften schaut. Die Rechtsprechung sieht einen institutionellen Rechtsmissbrauch auch darin, dass gruppenangehörige Personalserviceunternehmen nicht am Markt werbend tätig sind und gehen vom Entstehen eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher aus (LAG Berlin-Brandenburg 09.01.2013 - 15 Sa 1635/12).
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Beraterhinweis: Das BAG schließt nicht sämtliche Vermeidungsmöglichkeiten des Anschlussverbotes aus. Lediglich wenn alleiniger Grund der vertraglichen Gestaltung die Umgehung der gesetzlichen Folge ist, soll sich die Personalservicegesellschaft nicht auf das Anschlussverbot berufen können. Daher sollte in der Beratung von Personalservicekonzepten dokumentiert werden, dass (auch) noch andere Vertragszwecke verfolgt werden.
RA FAArbR Dr. Joachim Trebeck, LL.M., Seitz Rechtsanwälte Steuerberater, Köln.