Benachteiligung freigestellter Betriebsräte bei der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ?
Der Anwaltssenat des BGH hat (Urteil vom 29.01.2018 – AnwZ (Brfg) 12/17) entschieden, dass ein freigestelltes Betriebsratsmitglied nicht als Syndikusrechtsanwalt gem. §§ 46a Abs. 1, 46 Abs. 2 bis 5 BRAO zugelassen werden kann. Anderes folge auch nicht aus § 78 Satz 2 BetrVG, der die berufliche Entwicklung der Betriebsratsmitglieder schütze.
Interessant ist die Entscheidung nicht nur im Hinblick auf das anwaltliche Berufsrecht, sondern auch, weil sich der BGH mit der Frage des Benachteiligungsverbotes gem. § 78 Satz 2 BetrVG beschäftigt hatte. Das Benachteiligungsverbot richtet sich gegen jedermann, also auch gegen außerbetriebliche Stellen (BAG v. 15.10.2014 - 7 ABR 74/12, Rz. 32 zu § 78 Satz 1 BetrVG; HWK-Sittard, 7. Aufl. 2016, § 78 BetrVG Rz. 2) und ist daher auch von der Rechtsanwaltskammer als Beklagter zu beachten.
Der BGH musste sich mit § 78 Satz 2 BetrVG beschäftigen, nachdem die Rechtsanwaltskammer (auch aus seiner Sicht zu Recht), die tätigkeitsbezogene Syndikus-Rechtsanwaltszulassung abgelehnt hatte, weil der freigestellte Betriebsrat keine Tätigkeit als Unternehmensjurist mehr ausgeübt und daher die Tätigkeit nicht den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO entsprochen hatte. Auch eine Auslegung dahingehend, dass es nicht auf die Tätigkeit zum Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung nach der BRAO ankomme, sondern auf die vor der Freistellung ausgeübte Tätigkeit, sei aus berufsrechtlicher Sicht unzulässig und widerspreche dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers, so Rz. 16 des Urteils.
Soweit § 78 Satz 2 BetrVG zu untersuchen sei, gehe es hier - so der BGH - jedoch nicht um eine Benachteiligung als Betriebsratsmitglied, sondern um die Anwendung sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebender Pflichte und Rechten, die der Arbeitgeber bzw. hier die Rechtsanwaltskammer als außerbetriebliche Stelle zu beachten habe (Rz. 21 des Urteils). Der BGH zieht eine Parallele zu steuerrechtlichen Vorschriften, die etwa im Hinblick auf Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlte und abgabenfreie Lohnzuschläge auch bei Betriebsräten zu beachten seien (BGH, a.a.O., Rz. 21). Maßgeblich sei, dass hier die Rechtsanwaltskammer den von seiner Tätigkeit freigestellten Betriebsrats-Syndikusrechtsanwalt nach den Regelungen der BRAO - nicht besser und nicht schlechter also - gleich behandele. Dies sei keine Benachteiligung von Betriebsratsmitgliedern. Es komme deshalb auch nicht darauf an, wie der Fall (hypothetisch) zu behandeln wäre, wenn der jetzt freigestellte Betriebsrat zuvor eine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt ausgeübt hätte und dann zu einem späteren Zeitpunkt als Betriebsrat freigestellt worden wäre und damit der Widerruf der Zulassung nach § 46b Abs. 2 BRAO zu untersuchen wäre.
Einer Tätigkeit (und Zulassung) als Syndikusrechtsanwältin steht es nach Auffassung des AGH Baden-Württemberg - Urteil vom 07.12.2017 – AGH 10/2017 (I) - nicht entgegen, dass sich die Berufsträgerin in Elternzeit befindet und daher zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag die Tätigkeit als Unternehmensjuristin nicht ausübt. Der AGH Baden-Württemberg beschäftigt sich ausführlich mit einem aus Art. 6 Abs. 1 GG folgenden Erfordernis eines sachlichen Differenzierungsgrundes bei der Bewertung der Frage, warum die Tätigkeit (zeitweise) nicht ausgeübt wird.