Betriebsratsvergütung: Eine Expertenkommission macht Vorschläge für eine Gesetzesänderung
Gewähren Verantwortliche Betriebsratsmitgliedern überhöhte Arbeitsentgelte können diese sich nach einem Urteil des BGH vom 10.01.2023 – 6 StR 133/22, ArbRB 2023, 108 [Grimm]) strafbar machen. In der Praxis hat diese Entscheidung in Unternehmen zu erheblichen Unsicherheiten geführt. Mehrere Unternehmen haben präventiv die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern gekürzt. Außerdem sind bereits Klagen gegen diese Kürzungen bekannt. Außerdem sollen nach Presseberichten vereinzelt Unternehmen mit anonymen Anzeigen und entsprechenden Ermittlung der Staatsanwaltschaft konfrontiert sein.
Vor diesem Hintergrund hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales zum 15. Mai 2023 eine dreiköpfige Kommission „Rechtssicherheit in der Betriebsratsvergütung“ unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Rainer Schlegel, Präsident des Bundessozialgerichts, eingesetzt. Weitere Mitglieder sind Ingrid Schmidt, die frühere Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, und Prof. Dr. Gregor Thüsing, Universität Bonn. Diese Kommission hatte den Auftrag, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis Anfang Juli 2023 einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, der Rechtssicherheit bei der Bestimmung der Vergütung von Mitgliedern des Betriebsrates schafft.
Dieser Aufgabe ist die Expertenkommission nun nachgekommen.
Um den schon bestehenden gesetzlichen Rahmen zu konkretisieren und um mehr Rechtssicherheit zu schaffen, schlägt die Kommission in Klarstellung der aktuellen Rechtslage sowohl eine Fortschreibung des § 37 Abs. 4 BetrVG als auch des § 78 S. 2 BetrVG im Sinne des Ehrenamtsprinzips vor. Durch die präzisere Regelung soll das Risiko der Strafbarkeit redlich handelnder Arbeitgeber und betriebsverfassungsrechtlicher Amtsträger verringert werden. Die Mitglieder des Betriebsrates erhalten durch die vorgeschlagenen Änderungen keinen zusätzlichen oder erhöhten Entgeltanspruch.
Die Neufassungen lauten wie folgt:
- 37 Abs. 4 BetrVG
- 37 Abs. 4 BetrVG wird wie folgt um Sätze 3-5 ergänzt:
„Die Vergleichbarkeit bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamtes, soweit nicht ein sachlicher Grund eine spätere Neubestimmung verlangt. Arbeitgeber und Betriebsrat können in einer Betriebsvereinbarung ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer regeln. Die Konkretisierung der Vergleichbarkeit in einer solchen Betriebsvereinbarung kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden; gleiches gilt für die Festlegung der Vergleichspersonen, soweit sie einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erfolgt und in Textform dokumentiert ist.“
Neufassung des § 78 S. 2 BetrVG
- 78 BetrVG soll um einen Satz 3 ergänzt werden:
„Eine Begünstigung oder Benachteiligung liegt im Hinblick auf das Entgelt nicht vor, wenn das Mitglied der in Satz 1 genannten Vertretungen in seiner Person, die für deren Gewährung erforderlichen betrieblichen Anforderungen und der Kriterien erfüllt und die Festlegung nicht ermessenfehlerhaft erfolgt.“
Es bleibt abzuwarten, ob das Ministerium diesen Empfehlungen folgt und entsprechende Entwürfe in das Gesetzgebungsverfahren einbringt.
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Hinweis der Redaktion: Lesen Sie auch die Aufsätze zu diesem Thema von Dr. Andrea Bonanni und Dr. Saskia Pitzer:
- Die Vergleichsgruppenbildung bei der Betriebsratsvergütung - Zeitpunkt des Vergleichs und Vergleichbarkeit, ArbRB 2023, 249 ff.
- Der Betrieb als Bezugspunkt für die Vergleichsgruppenbildung bei der Betriebsratsvergütung - Erlaubt § 37 Abs. 4 BetrVG auch eine betriebs- oder unternehmensübergreifende Betrachtung? ArbRB 2023, 275 ff.
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