Betriebsübergang – Ein Betrieb ist kein Unternehmen und keine Firma
Im täglichen Umgang werden die Begriffe Betrieb, Unternehmen und Firma häufig gleichgesetzt: „Der Arbeitnehmer gehört 10 Jahre der Firma an, das Unternehmen wird verlagert, die Anteile des Betriebs werden veräußert.“ Juristisch bestehen aber erhebliche Unterschiede:
- Die Firma eines Kaufmanns ist nach § 17 Abs. 1. HGB der Name, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt.
- Ein Unternehmer ist demgegenüber nach § 14 BGB eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
- Das Unternehmen ist der Rechtsträger. Rechte und Pflichten können nur für und gegenüber einem solchen Rechtsträger bestehen (vgl. BAG v. 17.3.2010 – 7 AZR 706/08, ArbRB 2010, 242 [Grimm]). Folglich werden Arbeitsverträge auch nicht mit einer Firma oder einem Betrieb, sondern mit dem Unternehmen geschlossen.
- Ein Betrieb ist demgegenüber eine Organisationseinheit eines Unternehmens, mögen auch verschiedene Ausprägungen, insbesondere aufgrund europarechtlicher Vorgaben, zu beachten sein. (zu den verschiedenen Ausprägungen des Betriebsbegriffs anschaulich Jacobi/Krüger, ArbRB 2023, 80).
Wie wichtig die Unterscheidung zwischen Firma, Unternehmen und Betriebe ist, zeigt eine jüngst ergangene Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz zu § 613a BGB (LAG Rheinland-Pfalz v. 22.2.2023 6 Sa 131/22). Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Folglich muss es zu einem Wechsel der Rechtspersönlichkeit des Betriebsinhabers kommen. Der Betrieb muss von einem Unternehmen auf ein anderes Unternehmen übergehen. Bleibt die Zuordnung des Betriebs zum Unternehmen als Rechtspersönlichkeit unverändert, d.h. „behält“ es den Betrieb, kann kein Betriebsübergang vorliegen.
Unerheblich ist folglich, ob Veränderungen am oder im Unternehmen stattgefunden haben. Keine Rolle spielt daher, ob eine Umfirmierung, d.h. Namensänderung, beim Unternehmen stattfindet oder Anteile am Unternehmen verkauft werden. Im Übrigen ist dies ein Vorgang, der jeden Tag überall auf der Welt über Börsen geschieht. Dies gilt selbst dann, wenn ein solcher Verkauf von Anteilen dazu führt, dass die Herrschaftsmacht von einem Unternehmen auf ein anderes Unternehmen übergeht.
In der Praxis muss deshalb die Unterscheidung zwischen Betrieb, Unternehmen und Firma sorgfältig beachtet werden. Falsche rechtliche Schlüsse sind sonst an der Tagesordnung.
Verwirrend ist zugegebenermaßen insoweit auch manche Gesetzesbezeichnung. Das Betriebsverfassungsgesetz betrifft entgegen seiner Bezeichnung nicht immer nur Betriebe. Dies belegt zum Beispiel § 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Ein Wirtschaftsausschuss ist demnach in allen „Unternehmen“ mit in der Regel mehr als 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern zu bilden. Unerheblich ist folglich die personelle Stärke eines einzelnen Betriebs eines solchen Unternehmens, wenn nur die Gesamtzahl der Beschäftigten in allen Betrieben des Unternehmens den Schwellenwert überschreitet. Würde man stattdessen fehlerhaft nur auf einen einzelnen von mehreren Betrieben abstellen, käme man möglicherweise zu dem falschen Ergebnis, dass kein Wirtschaftsausschuss zu errichten ist.