27.07.2012

Bloß kein Stress!

Portrait von Detlef Grimm
Detlef Grimm

Objektiv bestehender oder subjektiv so empfundener Stress am Arbeitsplatz ist in aller Munde und betrifft irgendwie nahezu jeden und damit auch die Arbeitgeber. Manche haben sich des Themas im betrieblichen Gesundheitsmanagement angenommen.

Da verwundert es nicht, dass auch der Vorstand der IG Metall das Thema als wichtig ansieht. Die IG Metall hat sich auf der Grundlage eines Gutachtens von Prof. Dr. Wolfhard Kohte (Universität Halle-Wittenberg) mit den möglichen Regulierungen in Bezug auf die Vermeidung psychischer Belastungen und arbeitsbedingten Stresses in einer Veröffentlichung (mit einem Umfang vom 80 Seiten) unter dem Titel „Anti-Stress-Verordnung Eine Initiative der IG Metall“ im Juni 2012 befasst. Enthalten ist insbesondere der Entwurf einer 12 Paragraphen umfassenden „Anti-Stress-Verordnung“, die als „Verordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastungen bei der Arbeit“ betitelt wird. Ziel der publizistisch begleiteten Initiative ist es, die Beschäftigten vor psychischer Belastung bei der Arbeit durch Stress, dauerhafte Übermüdung oder Monotonie, aber auch durch Burn-Out und Depressionen zu schützen.

Dazu enthält der Verordnungsentwurf in § 3 Abs. 1 die Grundpflicht, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen, um Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit zu vermeiden. Wenn dies unmöglich ist, dann sollen die Belastungen auf ein „Minimum“ reduziert werden (§ 3 Abs. 1 Satz 2 der Anti-Stress-VO).

In Übernahme der Grundsätze des sonstigen Arbeitsschutzrechts soll der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung entsprechend § 5 Arbeitsschutzgesetz durchführen müssen, und zwar in Bezug auf die psychische Belastung (§ 4 Anti-Stress-VO).

Natürlich geht der Verordnungsentwurf insbesondere mit den „Takten“ der Arbeit ins Gericht. Bei einer taktgebundenen Arbeit dürfen die Arbeitstakte eine „gesundheitlich zuträgliche Dauer“ nicht unterschreiten (§ 7 Abs. 3 Anti-Stress-VO). Dazu enthält die Verordnung ebenso weitere Vorgaben wie beispielsweise zu den Beurteilungskriterien und Gestaltungsmaßstäben bezüglich der sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz (angesprochen in § 8 Anti-Stress-VO).

Über das Arbeitszeitgesetz hinaus enthält § 10 Anti-Stress-VO Beurteilungskriterien und Gestaltungskriterien bezüglich der Arbeitszeitgestaltung, die der Gesundheit der Beschäftigen zuträglich und ihrer Regeneration förderlich sein soll. Als Höchstarbeitszeit wird eine regelmäßige tägliche Arbeitszeit von acht Stunden zugrundegelegt (§ 10 Abs. 4 Anti-Stress-VO).

Daneben soll beim BMAS ein Ausschuss zur „Psychische Belastung bei der Arbeit“ eingesetzt werden, der nicht nur beratend tätig werden soll, sondern auch Regelungen „ermitteln“ soll, die sicherstellen, dass die in der Anti-Stress-VO genannten Anforderungen eingehalten werden.

Der Entwurf würde weitgehend in die organisatorische Gestaltung der Unternehmen eingreifen, weil insbesondere die Regelungen in § 6 Abs. 7 (Gestaltungsmaßgaben bzgl. der Arbeitsaufgabe), § 7 Abs. 8 (Gestaltungsmaßgaben bzgl. der Arbeitsorganisation) und § 8 Abs. 3 (Gestaltungsmaßgaben bzgl. der sozialen Beziehungen) die sonst mitbestimmungsfreie betriebliche Organisation betreffen würden. Über das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG würde unter zu Hilfenahme der Mitbestimmung beim Gesundheitsschutz damit ein weites Mitbestimmungsfeld in Bereichen, die der betrieblichen Mitbestimmung sonst nicht so ohne weiteres zugänglich sind, eröffnet werden, ein taktisch nicht ungeschickter Ansatz.

Den Verordnungsentwurf hat die IG Metall am 27.6.2012 in einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt. Er findet sich unter http://www.igmetall.de/cps/rde/xbcr/internet/Anti_Stress-Verordnung_0188530.pdf  (wenn der Link nicht funktioniert, nutzen Sie bitte die Suchfunktion unter Anti-Stress, sie finden dann den Verordnungsvorschlag als pdf). Die Lektüre lohnt sich, auch wenn sie vielleicht nicht chillig ist.

Zurück