BVerwG zur Sonntagsarbeit
Das BVerwG hat am Mittwoch entschieden, dass die Hessische Bedarfsgewerbeverordnung insoweit nichtig ist, als sie eine Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen in Videotheken, öffentlichen Bibliotheken, Callcentern sowie Lotto- und Totogesellschaften zulässt. Hingegen hat es die Verordnung für wirksam befunden, soweit sie eine Beschäftigung von Arbeitnehmern im Bereich des Buchmachergewerbes zulässt (BVerwG Urt. v. 26.11.2014 - 6 CN 1.13). Die Beschäftigung im Buchmachergewerbe bezieht sich nach der Verordnung nur auf die Entgegennahme von Wetten für Veranstaltungen, die an diesen Tagen stattfinden und für die sich deshalb aus anderen Vorschriften ergeben muss, dass sie an diesen Tagen, etwa aus Gründen der Freizeitgestaltung der Bevölkerung, auch stattfinden dürfen. Ferner dürfen die Wetten nur an der Stätte der Veranstaltung entgegengenommen werden. Erfasst werden damit insbesondere Rennsportveranstaltungen, etwa auf Pferderennbahnen. Insoweit handelt es sich bei der Annahme von Wetten um einen spezifischen Sonn- und Feiertagsbedarf, der als Bestandteil des Freizeiterlebnisses, um nicht den Freizeitgenuss insgesamt zu gefährden, nur an Ort und Stelle befriedigt werden kann.
Die weiteren, oben genannten Ausnahmen verstoßen jedoch gegen Art. 139 WRV i.V.m. Art. 140 GG. Danach bleiben der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. Bereits 2009 hatte der 1. Senat des BVerfG eine Regelung des Berliner Ladenschlussgesetzes als mit diesen Verfassungsbestimmungen unvereinbar erklärt (BVerfG Urt. v. 1.12.2009 - 1 BvR 2857/07).
Der Präsident des Kirchenamts der Evangelischen Kirche in Deutschland hat das Urteil begrüßt und daran erinnert, dass der Sonn- und Feiertagsschutz als bewährtes Kulturgut über den Schutz des Religiösen hinausgeht. Dazu passt gut, dass der Papst tags zuvor in Ansprachen vor dem Europarat und dem Europäischen Parlament an das gemeinsame kulturelle Erbe Europas erinnert und den Wunsch geäußert hat, dass Europa mit der Wiederentdeckung seines historischen Erbes und der Tiefe seiner Wurzeln sowie mit der Annahme seiner Multipolarität und des Phänomens einer "dialogisierenden Transversalität" jene geistige Jugend wiederfindet, die es fruchtbar und bedeutend gemacht hat. Mögen auch die Worte des ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse nicht unerhört verhallen, dass all dies das Fundament und nicht der Überbau Europas ist!
RA FAArbR Axel Groeger, Bonn www.redeker.de