ChatGPT und das Weisungsrecht – Datenschutz spricht für ein Verbot
ChatGPT ist in aller Munde. Die Abkürzung steht für Chat Generative Pre-trained Transformer. Hierbei handelt es sich um eine sprachbasierende und sprachwiedergebende Künstliche Intelligenz (KI), die von Open-AI entwickelt wurde. Unklar ist, woher das Programm seine Informationen bezieht. Fest steht allerdings, dass es nicht nur auf das Internet zurückgreift. Fest steht auch, dass ChatGPT dauernd weiter trainiert wird. Es ist ein selbstoptimierender Chatbot, der zukünftig Inhalt des Office-Pakets von Microsoft sein soll.
Der Chatbot soll so „intelligent“ sein, dass er nicht nur vier Jura-Prüfungen an der Universität von Minnesota erfolgreich abgeschlossen hat, sondern auch den Multiple Choice Teil des amerikanischen Anwaltsexamens bestanden haben soll (Neufeld, ChatGPT - das Ende der Unschuld, BB 2023, I).
Schaut man sich einige Tutorials auf YouTube an, erkennt man auch ohne persönliche Nutzung des Programms schnell, welche Möglichkeiten sich für Nutzer aus dem gesamten Bereich des Personalmanagements – und damit auch aus dem Bereich des Arbeitsrechts – ergeben. Anhand weniger Vorgaben werden u.a. Bewerbungen, Abmahnungen und Kündigungen erstellt.
Für Arbeitgeber stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, wie sie mit dieser neuen Entwicklung umgehen, da nicht auszuschließen ist, dass Arbeitnehmer, insbesondere aus dem Personalmanagement, das Programm nutzen möchten – oder bereits nutzen, um ihre tägliche Arbeit zu erleichtern.
Inhaltlich ist zu bedenken, dass ChatGPT nicht perfekt ist. In der Eingabemaske wird sicherheitshalber hierauf ausdrücklich hingewiesen. Fehler sind damit gleichsam vorprogrammiert. Formal erfüllen außerdem Schriftstücke, die vom Programm erstellt worden sind, nicht immer die arbeitsrechtlichen Anforderungen. Eine Kündigung z.B. bedarf nach § 623 BGB der Schriftform. Dies ist durch ChatGPT allein nicht gewährleistet.
Weitaus schwerwiegender sind aber datenschutzrechtliche Bedenken (s. ausf. Schwartmann, Welche Regeln für ChatGPT & Co gelten – und was wir noch tun müssen, FAZ vom 16.2.2023 S. 16).
Es beginnt bereits beim Login. Eine Nutzung ist nur möglich, wenn der potenzielle Nutzer nicht nur seine E-Mail-Adresse, sondern auch seine Telefonnummer eingibt. Vor dem Hintergrund, dass Open AI in den Vereinigten Staaten seinen Sitz hat, ist bereits dies äußerst bedenklich. Es handelt sich um personenbezogene Daten iSd. Art. 4 Nr. 1 DSGVO, die erhoben werden. Außerdem ist der Algorithmus des Programms ebenso wenig bekannt wie dessen Training und Trainingsdaten. Es ist deshalb zumindest nicht auszuschließen, dass Angaben, die Arbeitnehmer im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit unter Nutzung des Programms machen, vom Programm zur Selbstoptimierung genutzt werden, ohne dass dies vom Arbeitgeber erkennbar ist, geschweige denn gewünscht wird. Gesetzesverstöße, zum Beispiel gegen das AGG, sind nicht auszuschließen. Die notwendige Transparenz im Sinne der Art. 12 ff. DSGVO ist ausgeschlossen.
Vor diesem Hintergrund muss Arbeitgebern empfohlen werden, Arbeitnehmern die berufliche Installation und Nutzung von ChatGPT zu untersagen. Die notwendige Rechtsgrundlage bietet hierfür das in § 106 GewO geregelte Weisungsrecht des Arbeitgebers. Demnach kann der Arbeitgeber u.a. den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Derart das Direktionsrecht einschränkende Regelungen wird es kaum geben. Die Ausübung des Direktionsrechts zur Untersagung der Nutzung entspricht auch billigem Ermessen, da auf diese Weise zumindest Datenschutzverstöße vermieden werden.
Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht in diesem Zusammenhang nicht. Ein Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zwar, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Weisungen zu ChatGPT, die den Einsatz untersagen, betreffen aber das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten des Arbeitnehmers (vgl. BAG v. 23.2.2016 - 1 ABR 18/14, ArbRB 2016, 202 [Lunk]).
Empfehlenswert ist, für einen nachweisbaren Zugang einer entsprechenden Weisung zu sorgen. Nutzt ein Arbeitnehmer dann dennoch dieses Programm, berechtigt dies den Arbeitgeber zumindest nach einer vorherigen vergeblichen Abmahnung zur Kündigung.