Das "Betriebsrätemodernisierungsgesetz" passiert den Bundestag
Der Bundestag hat am 21.5.2021 in zweiter und dritter Lesung das Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt ("Betriebsrätemodernisierungsgesetz") verabschiedet. Gegenüber dem Regierungsentwurf (s. hierzu den Blog-Beitrag von Thomas Niklas) sind im Wesentlichen folgende Ergänzungen bzw. Änderungen erfolgt:
- Das in § 7 Satz 1 BetrVG geregelte Mindestalter für die aktive Wahlberechtigung wird von 18 Jahren auf 16 Jahre herabgesetzt. Dies kann Auswirkungen auf die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder haben, da § 9 BetrVG die Größe des Betriebsrats von der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer abhängig macht.
- Nach dem Regierungsentwurf legt ein neuer § 79a BetrVG fest, dass der Betriebsrat bei der Verarbeitung personenbezogener Daten die Vorschriften über den Datenschutz einzuhalten hat. Soweit der Betriebsrat zur Erfüllung der in seiner Zuständigkeit liegenden Aufgaben personenbezogene Daten verarbeitet, ist nach dieser Bestimmung der Arbeitgeber der für die Verarbeitung Verantwortliche im Sinne der datenschutzrechtlichen Vorschriften. Arbeitgeber und Betriebsrat unterstützen sich gegenseitig bei der Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften. Diese Regelung wird nun ergänzt um eine Regelung, dass der Datenschutzbeauftragte gegenüber dem Arbeitgeber zur Verschwiegenheit verpflichtet ist über Informationen, die Rückschlüsse auf den Meinungsbildungsprozess des Betriebsrats zulassen. Diese Ergänzung überrascht nur auf den ersten Blick. Zwar ist der betriebliche Datenschutzbeauftragte nach derzeitiger Rechtsprechung des BAG nicht berechtigt, den Betriebsrat zu kontrollieren (BAG, Beschl. v. 11.11.1997 – 1 ABR 21/97, ArbRB online). Diese Rechtsprechung wird man aber unter Geltung der DSGVO nicht aufrechterhalten können (ausf. Kleinebrink, DB 2018, 2566 ff.). Außerdem ist zweifelhaft, ob dem Arbeitgeber die Verantwortung für die Datenverarbeitung des Betriebsrats kraft nationalem Gesetz auferlegt werden kann.
- 8 SGB VI wird ergänzt um die Regelung, dass Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit in der Unternehmensstätte besteht, wenn die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten ("Homeoffice“) oder an einem anderen Ort ("mobile Office") ausgeübt wird ebenso wie für das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird.
Durch die neuen Regelungen im BetrVG entsteht neue Bürokratie. Vor allen Dingen verursachen sie aber neue Kostenbelastungen für die Betriebe. Mit dem zur Überwindung der Pandemie vom Bundeskabinett beschlossenen Belastungsmoratorium lassen sich diese Änderungen nicht vereinbaren. Das gilt besonders auch für die in keinem sachlichen Zusammenhang stehende Leistungsausweitung in der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die Schlussberatung des Gesetzes durch den Bundesrat wird vermutlich am 25. Juni 2021 erfolgen. Das Gesetz wird dann voraussichtlich zum 1. Juli 2021 in Kraft treten.