23.11.2015

Der Leiharbeitnehmer als Kampfmittel im Streik?

Portrait von Stefan Sasse
Stefan Sasse

Ich habe an der Tagung des fachanwalt forum Arbeitsrecht in Berlin teilgenommen. Eine Erkenntnis aus der spannenden und niveauvollen Diskussion war, dass zukünftig Leiharbeitnehmer möglicherweise ein Kampfmittel im Streik sein können. Bisher stellt sich diese Frage eher im Zusammenhang mit dem Streikbruch. Hierzu regelt § 11 Abs. 5 AÜG, dass Leiharbeitnehmer nicht verpflichtet sind, bei einem Entleiher tätig zu werden, sofern dieser von einem Arbeitskampf unmittelbar betroffen ist. D.h. der Arbeitnehmer hat ein Leistungsverweigerungsrecht, auf das er hinzuweisen ist. Ob dieses Recht häufig ausgeübt wird, ist sicher zweifelhaft.

Nach dem Referentenentwurf zur Änderung des AÜG  soll § 11 Abs. 5 AÜG nunmehr wie folgt lauten: "Der Entleiher darf den Leiharbeitnehmer nicht mehr tätig werden lassen, soweit sein Betrieb unmittelbar durch den Arbeitskampf betroffen ist." Zwar führt die Begründung aus, dass von Leiharbeitnehmern jedenfalls nicht solche Verrichtungen gefordert werden dürfen, die bisher von Streikenden erbracht wurden. (Begründung zum Referentenentwurf S. 25). Der Wortlaut gibt dieses einschränkende Verständnis aber nicht her. Vielmehr geht das Verständnis der unmittelbaren Betroffenheit bisher dahin, dass diese immer dann gegeben ist, wenn der Betrieb unter den fachlichen und räumlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrages fällt, auf den sich ein Arbeitskampf bezieht (HWK/Gotthard, Arbeitsrecht Kommentar, 6. Aufl., § 11 AÜG Rz. 29). Bei extensiver Auslegung der Neuregelung dürften in diesen Betrieben während des Arbeitskampfes keine Leiharbeitnehmer eingesetzt werden. Wenn diese Folge nicht gewollt ist, was die Begründung nahelegt, bedarf die Neuregelung dringend der Klarstellung.

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Über die Sinnhaftigkeit und Berechtigung eines solchen Verbotes kann man daneben auch gut streiten. Der Gesetzentwurf spricht von einer Stärkung der Rechte der Leiharbeitnehmer. Man kann hier aber auch von einer „Zwangsbeglückung“ sprechen. Denn was ist mit solchen Leiharbeitnehmern, die arbeiten wollen?

RA FAArbR Dr. Stefan Sasse, Magdeburg www.goehmann.de

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