21.02.2014

Ein "barbarisches" Urteil?

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Axel Groeger

Vor 5 Jahren empörte sich der damalige Bundestagsvizepräsident Thierse über das Urteil des LAG Berlin-Brandenburg im Fall "Emmely", was wiederum den Berliner Anwaltverein veranlasste, empört den Rücktritt Thierses zu verlangen. Am 7.1.2014 hat das ArbG Kiel (2 Ca 1793 a/13) den Fall einer Reinigungskraft und Vorarbeiterin entschieden, deren Überstunden nicht über sie, sondern über andere Personen (Mutter und Tochter) als geringfügige Beschäftigungen abgerechnet worden waren. Die Leitsätze der Entscheidung lauten:

"Die Praxis, selbst geleistete Überstunden über Dritte auf Basis einer geringfügigen Beschäftigung abzurechnen und sich die geleistete Vergütung dann von diesen auszahlen zu lassen, stellt selbst dann eine hinreichend schwerwiegende Pflichtverletzung zur Begründung einer vom Geschäftsführer ausgesprochenen verhaltensbedingten Kündigung dar, wenn der vorgesetzte Betriebsleiter dies vorgeschlagen und gebilligt hat.

Im Rahmen der Interessenabwägung im Einzelfall war eine Abmahnung entbehrlich. Die Klägerin konnte nicht ernsthaft davon ausgehen, dass ein Arbeitgeber angesichts strafrechtlicher Konsequenzen ihr in erster Linie eigennütziges Verhalten tolerieren würde. Zu Lasten der Klägerin war deren Vorgesetztenfunktion und ihre Verantwortung für die ordnungsgemäße Abrechnung der Arbeitsverhältnisse maßgeblich zu berücksichtigen."

Es geht nicht darum, das Verhalten in irgendeiner Weise zu beschönigen. Bedenklich ist jedoch: erstens, dass das Arbeitsgericht dem wahrscheinlich ursächlichen, zumindest aber ausschlaggebenden Verhalten des langjährigen Betriebsleiters der Beklagten und Vorgesetzten der Klägerin, ohne den diese Praxis nicht möglich gewesen wäre, lediglich im Rahmen der Kenntniserlangung des Arbeitgebers nach § 626 Abs. 2 BGB Bedeutung beigemessen hat, nicht aber bei der Interessenabwägung. Und zweitens, dass dem Urteil nicht zu entnehmen ist, ob auch der Betriebsleiter als (angeblicher) "spiritus rector" entlassen worden ist, was auch im Rahmen der Interessenabwägung eine Rolle spielt. So bleibt am Ende die ungute Ahnung (nicht: Kenntnis), dass die Vorarbeiterin ohne hinreichende Tatsachenfeststellungen "bestraft" wurde, während der Betriebsleiter "noch einmal davongekommen" sein könnte.

RA FAArbR Axel Groeger, Bonn www.redeker.de

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