01.08.2012

Ein "bisschen" Mail- und Internetnutzung

Portrait von Detlef Grimm
Detlef Grimm

Nach ganz hM ist der Arbeitgeber bei Zulassung oder Duldung der Privatnutzung von Internet und E-Mail als Telekommunikationsdienstanbieter im Sinne des § 3 Nr. 6 und 24 TKG anzusehen. Das hat zur Folge, dass er das Fernmeldegeheimnis (§ 88 TKG) zu wahren hat, weil er sich ansonsten der strafrechtlichen Sanktion des § 206 StGB ausgesetzt sieht. Eine Einsichtnahme in Daten, also Mails und Nachweise der Internetnutzung ist damit praktisch unmöglich, auch zur Aufdeckung von Pflichtverletzungen. Der Arbeitgeber unterliegt einem generellen Kontrollverbot.

In jüngerer Zeit hatten zwei Landesarbeitsgerichte (LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.2.2011 – 4 Sa 2132/10, ArbRB 2011, 200  und LAG Niedersachsen, Urt. v. 31.5.2010 – 12 Sa 875/09, ArbRB 2010, 300) die Auffassung vertreten, dass jedenfalls diejenigen Mails, die von Mitarbeitern nach Kenntnisnahme auf dem eigenen PC gespeichert bleiben, nicht mehr dem Fernmeldegeheimnis unterliegen. Das LAG Berlin-Brandenburg hat darüber hinausgehend die Auffassung vertreten, dass auch im Falle gestatteter Privatnutzung der Arbeitgeber nicht Telekommunikationsdienstanbieter i.S.d. § 3 Nr. 6, 24 TKG ist. Ungeachtet, ob dieser Rechtsprechung zu folgen ist  - sie wurde nicht nur in der telekommunikationsrechtlichen Literatur heftig kritisiert - , wird als Folge die Frage eines Beweis- und Sachvortragsverwertungsverbots im Arbeitsgerichtsverfahren bei der Kontrolle von Internet und E-Mail problematisiert (dazu Grimm, ArbRB 2012, 126ff.).

Das LAG Hamm hat in einem ganz frisch im Leitsatz veröffentlichten Urteil vom 10.7.2012 (Az.: 14 Sa 1711/10) auch bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen das Fernmeldegeheimnis bei der Erlangung von Beweisen bezüglich eines gegen den Arbeitgeber gerichteten Vermögensdeliktes kein Beweisverwertungsverbot angenommen.

Der Arbeitgeber hatte seinen Arbeitnehmern lediglich eine „gelegentliche private Nutzung“ der IT gestattet und zugleich darauf hingewiesen, dass die Mitarbeiter bei einer Abwicklung persönlicher Angelegenheiten auf elektronischen Geräten über das Netzwerk keine Vertraulichkeit erwarten könnten. Er überwache die Nutzung und könne bei gegebener Notwendigkeit die vom Mitarbeiter angelegten oder mit anderen ausgetauschten Daten einsehen.

Das LAG Hamm ist der Auffassung, dass ein Arbeitnehmer jedenfalls dann, wenn er „illegale Aktivitäten gegen seinen Arbeitgeber“ entwickle, bei einer derart eingeschränkten Vertraulichkeit der Privatnutzung damit rechnen müsse, dass die Spuren, die durch die Nutzung von elektronischen Ressourcen des Arbeitgebers im IT-System verbleiben, prozessual gegen ihn verwendet werden. Deshalb folge aus einer ggf. gegen die Regeln des Fernmeldegeheimnisses (§ 206 StGB, § 88 TKG),  § 32 BDSG und § 87 Abs. 1 Nr. 1 und § 6 BetrVG verstoßenen Erlangung von auf einem Arbeitsplatzrechner vorgefundenen abgespeicherten Chatprotokollen, die ein gegen den Arbeitgeber gerichtetes Vermögensdelikt nachweisen, kein prozessuales Verwertungsverbot. Man darf auf die genaue Ableitung dieses Ergebnisses gespannt sein.

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