15.01.2018

Ergebnisse der CDU/SPD-Sondierungen zum Arbeitsrecht

Portrait von Detlef Grimm
Detlef Grimm

Anbei im Wortlaut die Sondierungsergebnisse. Die Ausführungen zum Arbeitsrecht finden Sie auf S. 8 f; die zur Pflege auf S. 14 f. und die Ausführungen zur (weiteren) Gleichberechtigung von Mann und Frau finden Sie auf S. 10 des Originalmanuskriptes.

"Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht

SPD und Union bekennen sich beide zum Ziel der Vollbeschäftigung. Dazu gehört auch, dass Menschen, die schon sehr lange arbeitslos sind, eine Perspektive eröffnet wird.

Mit einem ganzheitlichen Ansatz wollen wir die Qualifizierung, Vermittlung und Reintegration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt vorantreiben. Dazu schaffen wir ein neues Regelinstrument im SGB II „Teilhabe am Arbeitsmarkt für alle“ und ermöglichen auch in den Ländern den Passiv-Aktiv-Transfer. Wir stellen uns eine Beteiligung von 150 000 Menschen vor. Die Finanzierung des Programms muss über den Eingliederungstitel gewährleistet werden, den wir hierfür um eine Mrd. Euro jährlich aufstocken werden.

Wir werden den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um 0,3 Prozent senken.

Mit dem Ziel, breiten Bevölkerungsteilen einen beruflichen Aufstieg und die Beschäftigungsfähigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt nachhaltig zu fördern, wollen wir gemeinsam mit den Sozialpartnern eine nationale Weiterbildungsstrategie entwickeln.

Wir werden das Angebot der Bundesagentur für Arbeit so ausgestalten, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Recht auf Weiterbildungsberatung haben.

Wir werden das allgemeine Initiativrecht der Betriebsräte für Weiterbildung stärken.

Nach drei Monaten Arbeitslosigkeit soll die Bundesagentur für Arbeit mit den betroffenen Menschen Maßnahmen entwickeln, um ihre Beschäftigungsfähigkeit nachhaltig zu fördern.

Wir wollen die Zumutbarkeit bei der Vermögensverwertung und das Schonvermögen im SGB II überprüfen.

Wir wollen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz 2019 evaluieren.

Das Zeitalter der Digitalisierung wollen wir als Chance für mehr und bessere Arbeit nutzen.

Wir wollen deshalb neue Geschäftsmodelle fördern und gleichzeitig die Tarifbindung stärken.

Die Arbeit auf Abruf nimmt zu, wir wollen jedoch sicherstellen, dass der Arbeitnehmer ausreichend Planungs- und Einkommenssicherheit in dieser Arbeitsform hat.

Wir wollen einen Rahmen schaffen, in dem Unternehmen, Beschäftigte und die Tarifpartner den vielfältigen Wünschen und Anforderungen in der Arbeitszeitgestaltung gerecht werden können. Wir wollen Familien in ihrem Anliegen unterstützen, mehr Zeit füreinander zu haben und die Partnerschaftlichkeit zu stärken. Wir werden dazu Modelle entwickeln, mit denen mehr Spielraum für Familienzeit geschaffen werden kann.

Im Teilzeit- und Befristungsrecht wird ein Recht auf befristete Teilzeit eingeführt. Gegenüber dem Referentenentwurf zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts werden folgende Änderungen vereinbart:

1. Es besteht kein Anspruch auf Verlängerung oder Verkürzung der Arbeitszeit oder vorzeitige Rückkehr zur früheren Arbeitszeit während der zeitlich begrenzten Teilzeitarbeit.

2. Der neue Teilzeitanspruch nach diesem Gesetz gilt nur für Unternehmen, die in der Regel insgesamt mehr als 45 Mitarbeiter beschäftigen.

3. Für Unternehmensgrößen von 45 bis 200 Mitarbeitern wird eine Zumutbarkeitsgrenze eingeführt, dass lediglich einem pro angefangenen 15 Mitarbeitern der Anspruch gewährt werden muss. Bei Überschreitung dieser Grenze kann der Arbeitgeber einen Antrag ablehnen.

4. Der Arbeitgeber kann eine befristete Teilzeit ablehnen, wenn diese ein Jahr unter- oder fünf Jahre überschreitet. Die Tarifvertragsparteien erhalten die Möglichkeit, hiervon abweichende Regelungen zu vereinbaren.

5. Nach Ablauf der zeitlich begrenzten Teilzeitarbeit kann der Arbeitnehmer frühestens nach einem Jahr eine erneute Verringerung der Arbeitszeit verlangen."

"III. Pflege

Wir wollen die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung in der Alten- und Krankenpflege sofort und spürbar verbessern. Es werden Sofortmaßnahmen für eine bessere Personalausstattung in der Altenpflege und im Krankenhausbereich ergriffen und dafür zusätzliche Stellen zielgerichtet gefördert.

Wir wollen die Bezahlung in der Altenpflege nach Tarif stärken. Gemeinsam mit den Tarifpartnern wollen wir dafür sorgen, dass Tarifverträge in der Altenpflege flächendeckend zur Anwendung kommen.

Im Krankenhausbereich streben wir eine vollständige Refinanzierung von Tarifsteigerungen an, verbunden mit der Nachweispflicht, dass dies auch tatsächlich bei den Beschäftigten ankommt."

"III. Mehr Gleichberechtigung von Frauen und Männern

Mit dem Gesetz für mehr Frauen in Führungspositionen haben wir in der vergangenen Legislaturperiode einen Meilenstein gesetzt. Diesen Weg werden wir weitergehen und bei der regelmäßigen Berichterstattung der Bundesregierung ein besonderes Augenmerk auf Unternehmen ohne Frauen in Führungspositionen legen, die sich eine Zielgröße „Null“ geben. Wir wollen die Wirksamkeit des Gesetzes verbessern, indem wir die Nichteinhaltung der Meldepflicht für Zielvorgaben für Vorstände und Führungsebenen und die Begründungspflicht bei der Angabe Zielvorgabe „Null“ sanktionieren entsprechend den Bestimmungen des § 335 HGB.

Dem öffentlichen Dienst kommt für die Gleichstellung von Frauen und Männern eine Vorbildfunktion zu. Wir wollen daher die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Leitungsfunktionen des öffentlichen Dienstes bis 2025 erreicht haben. Dazu werden wir dieses Ziel für den Geltungsbereich des Bundesgleichstellungsgesetzes festschreiben. Wir wollen prüfen, wie eine Erweiterung des Geltungsbereichs des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionenin der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst auf Unternehmen mit wesentlicher Bundesbeteiligung umgesetzt werden kann.

Strukturelle Ungleichgewichte von Frauen am Arbeitsmarkt, die zur Entgeltlücke wesentlichbeitragen, wollen wir gezielt abbauen. Dazu werden wir unter anderem finanzielle Ausbildungshürden bei Sozial- und Pflegeberufen abbauen und streben Ausbildungsvergütungen an.

Beschäftigte in Unternehmen ab 200 Beschäftigten können seit dem 6. Januar 2018 erstmals einen individuellen Auskunftsanspruch geltend machen und Auskunft über die Entgeltstrukturen im Unternehmen verlangen. Für Betroffene werden wir bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gezielte Beratungs- und Unterstützungsangebote schaffen. Im Juli 2019 ist eine erste Evaluation zur Wirksamkeit des Gesetzesdurch die Bundesregierung vorzulegen. Dabei werden wir ein besonderes Augenmerkauf die Erfüllung der entsprechenden Berichtspflichten und Auskunftsansprüche legen. Auf der Grundlage der ersten Erfahrungen ist über weitere erforderliche Schritte zu entscheiden."

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