Erneut Neues vom BAG zur Unwirksamkeit einer umfassenden Verfallklausel
Die Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Ausschluss-bzw. Verfallklauseln ist seit Jahren im Fluss. Im Jahr 2013 hatte der 8. Senat des BAG entschieden, dass Ausschlussklauseln trotz der gesetzlichen Regelung der §§ 202 Abs. 1, 276 Abs. 3 BGB auch dann wirksam sind, wenn sie Ansprüche aus Haftung gegen Vorsatzes nicht ausnehmen. Außerhalb des Arbeitsrechts sieht dies der BGH seit jeher anders. Seine davon abweichende Rechtsprechung hat das BAG nun im Urteil vom 26.11.2020 (8 AZR 58/20, ArbRB 2021, 132 [Hülbach]) geändert.
202 Abs. 1 BGB, wonach die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäfte leichter beenden kann, verbietet nach der neuen Rechtsprechung des BAG nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen insgesamt, die sich auf eine Vorsatzhaftung des Schädigers beziehen.
Das hat das BAG zu folgender Klausel entschieden:
„Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind binnen einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Ausschlussfrist von einem Monat einzuklagen.“
Diese Klausel erfasst auch Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverletzung und vorsätzlicher unerlaubter Handlung. Angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung sei – und hier weicht das BAG von seiner Rechtsprechung aus dem Jahr 2013 ab – die Ausschlussklausel wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB nach § 134 BGB nichtig.
Darauf kann sich auch der Arbeitgeber berufen, was eine absolute Neuheit ist. Hat der Arbeitgeber eine Ausschluss- bzw. Verfallklausel verwandt, wonach alle Ansprüche nach drei Monaten verfallen, kann er sich nun darauf berufen, diese Klausel sei unwirksam und die Ansprüche weiter geltend machen. Das BAG weicht damit von bisher als gefestigt geltenden Rechtsgrundsätzen des AGB-Rechts ab.
Begründet wird das mit der Bedeutung des Verbotes, wonach die Haftung wegen Vorsatzes nicht erleichtert werden kann. In diesem besonderen Fall soll auch der Arbeitgeber als Verwender in der Lage sein, sich auf die Unwirksamkeit der (=Nichtigkeit) der Klausel zu berufen.
Formulierungsvorschlag für die Personal-Praxis: Der 9. Senat des BAG hat in einem Urteil vom 18.09.2018 – 9 AZR 162/18, ArbRB 2019, 4 (Hülbach), auf einen Formulierungsvorschlag des Richters am Bundesarbeitsgericht Dr. Roloff in der Festschrift für Willemsen, 2018, Seite 416 hingewiesen, dem sich Teile der Literatur angeschlossen haben. Danach kann wie folgt formuliert werden:
„§ XYZ Ausschlussfrist
Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und mit diesem im Zusammenhang stehende Ansprüche verfallen, wenn sie nicht binnen drei Monaten nach Fälligkeit bei einem Vertragspartner in Textform (§ 126b BGB) geltend gemacht werden.
Die Ausschlussfrist gilt nicht:
- Für die Haftung aufgrund Vorsatzes,
- für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit oder
- für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes dieser Ausschlussfrist entzogen sind (z.B. AEntG, MiLoG, BetrVG, TVG).“