Facebook und Mitbestimmung des Betriebsrats
Konzernbetriebsrat und Arbeitgeber stritten in einem einstweiligen Verfügungsverfahren beim Arbeitsgericht Düsseldorf (Beschluss v. 21.06.2013 – 14 BVGa 16/13) über einen Antrag des Konzernbetriebsrats, zwei vom Arbeitgeber eingerichtete Facebook-Seiten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptverfahrens abzumelden, hilfsweise es zu unterlassen, den Nutzern Unternehmensseiten zur Übermittlung von Informationen (Posting) zur Verfügung zu stellen, jedenfalls solange die Einigungsstelle dies nicht anders entschieden hat. Das Unternehmen hatte bei Facebook verschiedene Seiten eingerichtet, auf denen Mitarbeiter und außenstehende Dritte (z.B. Kunden) Postings abgeben konnten, welche auf der virtuellen Pinnwand von Facebook allen Nutzern innerhalb und außerhalb des Betriebes zugänglich waren. Sie konnten dann Kommentare auch zu den Mitarbeitern des Arbeitgebers, die anhand der während der Arbeit zu tragenden Namensschildern identifizierbar waren, tätigen.
Wegen der Kommentare und insbesondere der Kritikmöglichkeit handele sich - so der KBR - um eine Maßnahme der Verhaltens- und Leistungskontrolle und sogar der Verhaltenssteuerung. Der Verfügungsgrund ergebe sich aus der andauernden Gefahr irreparabler Persönlichkeitsrechtsverletzungen der Beschäftigten.
Neben einem Verfügungsgrund bedarf es eines Verfügungsanspruchs (§ 85 Abs. 2 ArbGG, §§ 935, 940 ZPO). Dabei nimmt die Rechtsprechung eine umfassende Interessenabwägung vor, ob die Gesamtumstände es in Abwägung der beiderseitigen Interessen und Belange zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich machen, eine sofortige Regelung zu treffen. Das Gewicht des drohenden Verstoßes und die Bedeutung der umstrittenen Maßnahme für die Betriebsparteien bzw. die Belegschaft sind zu bewerten. Als Anspruchsgrundlage kamen hier §§ 87 Abs. 1 Nr. 1 und § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG in Betracht, ebenso war ein Verstoß gegen die im Konzern geltende „EDV-Konzern-Rahmenbetriebsvereinbarung“ zu prüfen.
Das Arbeitsgericht sieht den Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer) als nicht gegeben an, weil weder durch den Betrieb der Facebook-Seiten noch die Aushändigung eines Leitfadens Fragen des betrieblichen Zusammenlebens und des Zusammenwirkens der Arbeitnehmer untereinander betroffen worden sei. Es habe keine verbindlichen Verhaltenspflichten gegeben und es seien keine zwingenden Maßnahmen angeordnet worden, außerdem beziehe sich der Leitfaden – soweit dieser angesprochen sei – nicht auf das dienstliche Verhalten der Beschäftigten. Es ginge eben gerade nicht um ein dienstliches Kommunikationsinstrument oder Arbeitsmittel. Die Beschäftigten könnten sich lediglich auf den Facebook-Seiten beteiligen und sich dazu privat bei Facebook anmelden und der Seite „Folgen“ ebenfalls privat im Rahmen ihrer persönlichen Lebensgestaltung. Ein Bezug zur Arbeitsleistung bestehe nicht.
Soweit § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG angesprochen sei, finde durch den Betrieb der Facebook-Seite keine technisch gestützte Datenerhebung statt. Soweit Kommentare auf der Pinnwand hinterlassen würden, die auf Mitarbeiter bezogene negative Kritik bzw. Beschwerden enthielten, erfolge dies von außen und werde nicht EDV-gestützt ausgewertet. Insoweit erfolge die Datensammlung nicht mittels der Möglichkeit, eine Beschwerde-E-Mail an den Arbeitgeber zu verfassen, was mitbestimmungspflichtig sei. Daten würden auch nicht verarbeitet, weil die Daten nicht durch Facebook als technische Einrichtung verarbeitet würden. Schließlich sei der Anwendungsbereich der Konzernbetriebsvereinbarung – was das Arbeitsgericht im Einzelnen ausführt – nicht betroffen.
Selbst wenn – wofür hier manches spreche – aus § 75 Abs. 2 Satz 1 BetrVG eine Verpflichtung des Arbeitgebers zum Schutz des Persönlichkeitsrechts der Mitarbeiter bestünde, folge daraus kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats und auch kein unmittelbarer Anspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber, persönlichkeitsrechtsverletzende Maßnahmen gegenüber einem Arbeitnehmer oder eine Gruppe von Arbeitnehmern zu unterlassen, was auch ständige Rechtsprechung des BAG sei (BAG v. 28.05.2002, 1 ABR 32/01, bei Juris Rn. 43 und 45; HWK/Reichold, 5. Aufl., § 75 BetrVG, Rn. 23).
Der Entscheidung des Arbeitsgerichts, die auch maßgeblich darauf abstellt, dass der Betrieb von Facebook-Seiten den Beschäftigten freigestellt war, ist zuzustimmen. Man wird abwarten, wie die Beschwerdeinstanz entscheidet. Anders wäre die Sache sicherlich zu sehen gewesen, wenn Facebook als Kommunikations-, Arbeitsmittel- oder Kundenbefragungs- und Mitarbeiterbewertungsinstrument systematisch eingesetzt worden wäre. Das gilt auch dann, wenn persönliche Daten der Mitarbeiter, etwa verbunden mit einem Meinungsbewertungsmodul genutzt worden wären, oder wenn die Mitarbeiter verbindlich zu bestimmten Verhaltenspflichten aufgefordert worden wären.