Friedensarbeit keine Arbeit - oder wilful blindness?
Der Betriebsrat hat nach Ansicht des LAG Nürnberg (27.8.2013 - 5 TaBV 22/12, ArbRB 2013, 369 [Marquardt/Brücklmeier]) kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG, wenn ein Arbeitgeber die Teilnahme von Arbeitnehmern an einem Abschlussgespräch, das im Anschluss an ein Mediationsverfahren stattfinden soll, anordnet. Mit dieser Begründung hob das LAG die Entscheidung des Arbeitsgerichts auf, das dem Arbeitgeber auf Antrag des Betriebsrats untersagt hatte, die betroffenen Arbeitnehmer zu einem solchen Abschlussgespräch einzuladen, ohne auf die Frewilligkeit ihrer Teilnahme hinzuweisen. Das ArbG sah darin einen groben Verstoß des Arbeitgebers i.S.v. § 23 Abs. 3 BetrVG. Das LAG sah in der angeordneten Teilnahme keine Arbeit, folglich ginge es nicht um Arbeitszeit i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 BetrVG.
Zum Hintergrund: die 12 Musiker der ersten Geigen eines Orchesters (näheres dazu unter www.youtube.com/watch?v=hgOlxePRyE4) stritten über die Verteilung der Sitzplätze hinter dem ersten und dem zweiten Pult, da vom Sitzplatz indirekt auf die Stellung im Kollektiv im Sinne einer unsichtbaren Hierarchie geschlossen werden könne. Die Musiker traten an die Intendanz heran und baten um Unterstützung bei der Beilegung des Streites. Den betroffenen Musikern wurde die Teilnahme an einem Mediationsverfahren angeboten, an dem jedoch nicht alle Musiker der ersten Geigen teilnahmen. Die Intendanz wurde daraufhin von den Teilnehmern des Mediationsverfahrens gebeten, verpflichtend für alle Musiker der ersten Geigen ein Abschlussgespräch anzusetzen. Nicht um die Teilnahme am Mediationsverfahren, sondern um die Teilnahme an diesem als Dienstbesprechung zu charakterisierenden Abschlussgespräch ging es.
Folgt man der weiteren Begründung, handelt es sich um einen Phyrrussieg für den Arbeitgeber. Zwar erschöpft sich das Weisungsrecht nicht in der Konkretisierung der Arbeitspflicht, sondern tritt eine nicht abschließend aufzählbare, je nach den Umständen näher zu bestimmender Vielzahl von Pflichten hinzu, deren Erfüllung unumgänglich ist, um den Austausch der Hauptleistungen sinnvoll zu ermöglichen (sogenannte leistungssichernde Verhaltenspflichten). Auch erfasst es ausdrücklich die Ordnung des Betriebes (§ 106 S. 2 GewO). Dennoch meint das LAG Nürnberg, dass das einer Mediation immanente Element der Freiwilligkeit (§ 1 Abs. 1 MediationsG) ausschließe, dass ein Arbeitgeber durch Weisung Arbeitnehmer zur Teilnahme an einer Mediation verpflichten kann. Folglich hätte es jedoch prüfen müssen, ob der Antrag wegen Verletzung des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG begründet war.
Das Bemühen der Intendanz um Ausgleich innerhalb eines verstimmten Klangkörpers wird nach rechtlichen Normen als letzte Instanz das BAG zu bewerten haben. Eine Honorierung ist nicht Aufgabe des BAG. Älteren fällt angesichts der zerstrittenen ersten Geiger unweigerlich "Das Triangel" von Georg Kreisler ein.
RA FAArbR Axel Groeger, Bonn www.redeker.de