20.05.2017

Gemeinschaftsbetrieb und Zusammensetzung des Wirtschaftsausschusses

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Axel Groeger

Bestehen in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte, so ist gem. § 47 Abs. 1 BetrVG ein Gesamtbetriebsrat zu errichten. Für den Unternehmensbegriff ist an die in anderen Gesetzen für Unternehmen geregelten Organisationsformen, also insbesondere die Organisationsformen des AktG, des GmbHG, des HGB und des BGB anzuknüpfen. Jeder Betriebsrat entsendet in den Gesamtbetriebsrat je nach Größe ein oder zwei seiner Mitglieder. Fraglich ist, ob der Betriebsrat eines Gemeinsamen Betriebes mehrerer Unternehmen auch Mitglieder in den Gesamtbetriebsrat eines Unternehmens entsenden darf, die diesem Unternehmen nicht angehören. Eine solche Entsendung unternehmensfremder Mitglieder wird überwiegend abgelehnt, auch wenn es dazu führen kann, dass eine Entsendung in einen Gesamtbetriebsrat zu unterbleiben hat, wenn hierfür keine Betriebsratsmitglieder des betreffenden Trägerunternehmens vorhanden sind (HWK/Hohenstatt/Dzida, 7. Aufl. 2016, § 47 BetrVG Rz. 28).

Hat ein Unternehmen in der Regel mehr als 100 ständig beschäftigte Arbeitnehmer, ist gem. § 106 Abs. 1 BetrVG ein Wirtschaftsausschuss zu bilden, dessen Aufgaben darin bestehen, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten. Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses werden vom Betriebsrat oder, wenn ein Gesamtbetriebsrat besteht, von diesem bestimmt. Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses müssen nach § 107 Abs. 1 BetrVG dem Unternehmen angehören. Das Gesetz verlangt hingegen nicht, dass sie Arbeitnehmer des Unternehmens sind. Für die Unternehmenszugehörigkeit soll nach allgemeiner Ansicht kein arbeitsvertragliches Grundverhältnis erforderlich sein, sondern eine Eingliederung in die personelle Organisation des Unternehmens genügen (HWK/Willemsen/Lembke, a.a.O., § 107 BetrVG Rz. 6; a.A. wohl BeckOK/Besgen, § 107 BetrVG Rz. 3).

Wenn ein Gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen zur Organisation jedes der Unternehmen gehört, die sich zur gemeinsamen Führung dieses Betriebes rechtlich zusammengeschlossen haben, dann stellt sich die Frage, ob ein Arbeitnehmer, der in diesen Gemeinschaftsbetrieb eingegliedert ist und in einem Arbeitsverhältnis zu einem Unternehmen steht, bereits damit in die personelle Organisation auch der anderen Unternehmens eingegliedert ist und damit auch deren Wirtschaftsausschuss angehören kann. Oder schließt die arbeitsvertragliche Bindung an ein Unternehmen aus, dass er auch einem anderen Unternehmen des Gemeinschaftsbetriebes angehört? Ist eine mehrfache Unternehmensangehörigkeit kraft Mitarbeit in einem Gemeinschaftsbetrieb zumindest dann denkbar, wenn die Unternehmen demselben Konzern angehören?

Nach Ansicht des Hessischen Landesarbeitsgerichts soll die Entsendung von Mitgliedern des Betriebsrats eines Gemeinschaftsbetriebes in den Wirtschaftsausschuss eines Unternehmens nicht zulässig sein, wenn sie in einem Arbeitsverhältnis mit einem anderen an der Führungsvereinbarung beteiligten Unternehmen stehen (Beschl. v. 7.2.2017 - 4 TaBV 155/16). Dies gelte auch dann, wenn die beteiligten Unternehmen demselben Konzern angehören. Leider befasst sich der Beschluss nicht mit der Frage, ob die Unternehmensangehörigkeit i.S.v. § 107 Abs. 1 BetrVG eine positive vertragliche Zuordnung zum Unternehmen oder über die Eingliederung in den Betrieb eine weitergehende Eingliederung in die personelle Organisation des Unternehmens voraussetzt und wie diese ggf. erreicht werden kann oder ob die arbeitsvertragliche Bindung an ein Unternehmen eine Eingliederung in die personelle Organisation eines weiteren Unternehmens ausschließt oder ob bereits durch die Eingliederung in einen Gemeinschaftsbetrieb eine Eingliederung in die personelle Organisation der beteiligten Unternehmen vermittelt werden kann. Das Verfahren ist beim Bundesarbeitsgericht anhängig (7 ABR 27/17).

RA FAArbR Axel Groeger, Bonn www.redeker.de

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