27.02.2014

Geschäftsführer haften (fast) immer

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Detlef Grimm

§ 43 Abs. 2 GmbHG statuiert eine gesamtschuldnerische Haftung der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft für Pflichtverletzungen. Gegenüber Steuergläubigern folgt die Haftung aus den §§ 69, 34 AO und gegenüber dem Sozialversicherungsträger für nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a Abs. 1 StGB.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat sich in einem rechtskräftig entschiedenen Fall damit beschäftigt, ob der Kläger, der einer der beiden Geschäftsführer einer GmbH war, für mehrere Monate lang an das Finanzamt nicht abgeführte Lohnsteuer haften muss. Das hat das FG bejaht.

Der Kläger war mit einem sog. Haftungsbescheid in Anspruch genommen worden, nachdem Vollstreckungsmaßnahmen gegen die GmbH erfolglos geblieben waren. Auch der andere Geschäftsführer war – allerdings in geringerem Umfang – zur Haftung herangezogen worden.

Geschäftsführer haben nach § 34 Abs. 1 AO die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen. Eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung dieser Pflicht begründet eine unmittelbare persönliche Haftung des Geschäftsführers gegenüber dem Fiskus (§ 69 Satz 1 AO). Die Haftung knüpft an die Organstellung an, entspricht also dem § 43 Abs. 2 GmbHG (deshalb kommt es – was hier nicht relevant war – auch nicht auf die Eintragung im Handelsregister an).

Oft wird im Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal Verschulden (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit, § 69 Satz 1 AO) problematisiert, inwieweit die Verantwortung der Geschäftsführer durch eine Ressortverteilung begrenzt werden kann. Dann verlagert sich die Verantwortung manchmal auf die Pflicht zur sorgfältigen Überwachung des zuständigen anderen Geschäftsführerkollegen. Der Bundesfinanzhof lässt die Ressortverteilungsgrundsätze solange gelten, wie kein Anlass zu Zweifeln besteht, dass der zuständige Geschäftsführer die steuerlichen Verpflichtungen der Gesellschaft erfüllt. Die Rechtsprechung verlangt dazu aber im vorhinein getroffene, eindeutige und schriftliche Kompetenzaufteilungen, sonst soll es bei der Gesamtverantwortung der Geschäftsführer bleiben.

Entsprechend gilt dies auch bei der „Enthaftung“ des Geschäftsführers durch eine Aufgabendelegation an nachgeordnete Mitarbeiter. Dazu kommt in diesem Fall auch noch die Pflicht zur sorgfältigen Auswahl und Einweisung der Mitarbeiter durch die Geschäftsführer (zusammenfassend Baumbach/Hueck – Zöllner/Noack, 20. Auflage 2012, § 43, Rz. 90).

Auf diese Ressortverteilung berief sich der in Anspruch genommene Geschäftsführer. Das FG wies die Einwände zurück. Grundsätzlich gelte das Prinzip der Gesamtverantwortung eines jeden gesetzlichen Vertreters. Hier fehle es schon an einer schriftlichen und eindeutigen Aufgabenverteilung zwischen dem Kläger und dem weiteren Geschäftsführer. Schon aus diesem Grunde sei die – behauptete – Geschäftsverteilung haftungsrechtlich ohne Bedeutung.

Darüber hinaus hätte sich der Kläger auf eine solche Geschäftsverteilung auch nicht berufen können. Er habe seiner Überwachungspflicht nicht entsprochen. Er sei bestens darüber informiert gewesen, dass sich die Gesellschaft in einer finanziellen Schieflage befunden habe. Daraus habe eine gesteigerte Überwachungspflicht resultiert. Selbst wenn eine schriftliche Aufgabenverteilung vorgelegten habe, hätte er sich angesichts dessen persönlich um die Abführung der Steuern (und wohl auch der Sozialversicherungsbeiträge, was hier aber nicht zu entscheiden war) kümmern müssen. Auch der Hinweis des Klägers, eine Steuerberaterin sei eingebunden gewesen und er habe sich in – nicht näher konkretisierten – regelmäßigen Abständen darüber „informiert“, dass die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft erfüllt würden, genüge nicht. Die Pflicht zur Abführung der Steuern (und Sozialversicherungsabgaben) bestehe als originäre Pflicht des Geschäftsführers.

In einer solchen Situation müsse der Geschäftsführer daraufhin wirken, dass die Löhne gekürzt würden (wie das auch arbeitsrechtlich immer geschehen mag, wir wissen alle um die Schwierigkeiten der Lohnsenkung in Krisensituationen) und dann die gekürzten Löhne mit Steuern und Sozialversicherungsabgaben abgeführt würden, so dass die öffentlich-rechtlichen Abgabepflichten erfüllt seien.

Das FG bewegt sich hier absolut im Rahmen der Rechtsprechung des BFH. Das Urteil bestätigt den hohen Haftungsmaßstab an GmbH-Geschäftsführer und macht deutlich, dass die Behauptung einer „Aufgabenverteilung“ einer im Vorhinein getroffenen, klaren Dokumentation bedarf. Zudem wird in Zeiten finanzieller Krise die Gesamtverantwortung der Geschäftsführer wieder aufleben, mag diesen das auch nicht so bewusst sein. Es bleibt dabei: Der Geschäftsführer ist der „ärmste Hund“ im deutschen Recht: Kein Kündigungsschutz, aber Haftung für (fast) alles.

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