24.03.2015

Irrsinnsurteil gegen Mainz 05?

Portrait von Detlef Grimm
Detlef Grimm

Die bekannte Tageszeitung "Bild " berichtet am 24.3.2015 auf ihrer Homepage über ein Urteil des ArbG Mainz vom 19.3.2015 (Az. 3 Ca 1197/14), das die Befristung eines Arbeitsvertrages mit einem Profi-Fußballer als unwirksam ansieht, und wirft die Frage auf, ob dieses "Irrsinns-Urteil" den Profi-Fußball revolutioniere. Nach einer von 2009 bis 2014 dauernden Beschäftigung - zuletzt in der zweiten Mannschaft - hatte der Torhüter Heinz Müller nach dem Auslaufen des Arbeitsverhältnisses Klage nach § 17 TzBfG erhoben. Mainz 05 hatte sich zur Rechtfertigung der Befristung u.a. auf die Branchenüblichkeit berufen.

Die Befristung von Arbeitsverträgen mit Profi-Sportlern wird allgemein mit der Eigenart der Arbeitsleistung (§ 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG) begründet. Es handelt sich um einen sog. Verschleißtatbestand. Ausgangspunkt ist allerdings, das der allgemeine Verschleiß  bei der Ausübung ein- und derselben Tätigkeit kein Befristungsgrund ist; sonst könnte jedes Arbeitsverhältnis befristet werden. Im Profi-Sport soll dies wegen des Abwechslungsbedürfnisses des Publikums  und der mit dem Alter zu erwartenden körperlichen Defizite des Spielers aber anders sein (zuletzt mit dem Hinweis auf die "Fußball-Show" LAG Nürnberg v. 28.3.2006 - Az. 7 Sa 405/05, SpuRt 2010, 33). Daran wurde schon in der Vergangenheit Kritik geübt (z.B. durch Horst/Persch, RdA 2006, 166, 169; zurückhaltend auch ErfK/Müller-Glöge, § 14 TzBfG Rz. 44; zustimmend dagegen HWK/Schmalenberg, § 14 TzBfG Rz. 39, 85).

In diese Diskussion rammt das Urteil des ArbG Mainz einen Pflock ein: Lägen andere Sachgründe - etwa der Wunsch des Spielers, der sich in der aufstrebenden Phase seiner Karriere nicht lange binden möchte (dieser Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Nr. 6 TzBfG wird in der absteigenden Phase der Karriere nur noch im Ausnahmefall der sozialen Überbrückung vorliegen)  - nicht vor, rechtfertige die Ungewissheit der zukünftigen Leistungsentwicklung auch im Profi-Sport nicht die Befristung eines Arbeitsverhältnisses. Auch wenn normalerweise im Profi-Sport nur im Ausnahmefall geklagt wird, eröffnet das Urteil des ArbG Mainz Spielern ohne Anschlussvertrag eine Rechts- und Verhandlungsposition. Allerdings muss man sich innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 17 TzBfG entscheiden, ob man klagt und sich im Markt verbrennt.

Als fußballinteressierter Arbeitsrechtler bin ich auf den Fortgang der Diskussion und der Rechtsentwicklung - Mainz 05 hat Berufung angekündigt - sehr gespannt (sofern sich die Parteien nicht doch noch vergleichen). Sicherlich wird man - jenseits der aus Art. 5 Abs. 1 und Abs. 3 GG abgeleiteten Befristungsmöglichkeiten bei Rundfunk und Kunst - nur zurückhaltend Befristungen wegen Verschleißes bzw. aus der Eigenart der Arbeitsleistung zulassen können. Auf der anderen Seite wird eine verhaltensbedingte Kündigung eines Profi-Sportarbeitsvertrages wegen der fehlenden Beweisbarkeit und Abmahnbarkeit sportlicher Fehlleistungen kaum denkbar sein. Eine personenbedingte Kündigung wird  - außer in Invaliditätsfällen - bei Minderleistung nach der Rspr. , die vom Arbeitnehmer nur eine individuelle Normalleistung und eine Fehlerquote in Höhe des  dreifachen des Durchschnitts verlangt  (BAG v. 17.1.2008 -  NZA 2008, 693) - so gut wie nie möglich sein. Das zeigt zumindest das Bedürfnis nach einer Befristung auf und mag die Annahme eines eigenen ungeschriebenen Sachgrundes (so Vogt, Befristungs- und Optionsvereinbarungen im professionellen Mannschaftssport, Frankfurt 2013, S. 110) als nicht abwegig erscheinen lassen.

PS.: "Bild" hat die Frage natürlich schon auf den Punkt gebracht: "Müssen die Bundesliga-Vereine zukünftig Spieler bis zur Rente bezahlen?". Eine interessante Vorstellung: Der Linksaußen mit dem Rollator.

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