11.06.2012

Kein „E-Filing“ im Einigungsstellenverfahren

Portrait von Martin Reufels
Martin Reufels

Jeder, der einmal ein Zivilverfahren in Österreich verfolgt hat, weiß, dass dort ein sehr gut funktionierendes „E-Filing“-System implementiert ist. Unser Nachbarland hat bereits in den neunziger Jahren das ERV-System (elektronischer Rechtsverkehr) eingeführt, das die konventionelle Übermittlung von Dokumenten per Post ersetzt. Es erfolgt eine elektronische Übermittlung aller Arten von Dokumenten zwischen Gericht und Bevollmächtigten. Mehr als 93 % aller Klagen (insgesamt 6 Mio. Eingaben) werden mittlerweile elektronisch eingereicht.

Vor diesem Hintergrund erscheint das schwerfällige, auf der Briefpost beruhende Zustellungsverfahren in Deutschland wie aus einem anderen Zeitalter. Dies wird gerade wieder angesichts eines neuen Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts verdeutlicht (BAG 13.03.2012 - 1 ABR 78/10). In diesem Beschluss, der im Übrigen lesenswerte Ausführungen zum Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beim betrieblichen Eingliederungsmanagement enthält, stellt das Bundesarbeitsgericht fest: „Die Zuleitung eines Einigungsstellenspruchs in Form einer pdf-Datei genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG“. Nach dieser Vorschrift sind die Beschlüsse der Einigungsstelle „schriftlich“ niederzulegen, vom Vorsitzenden zu unterschreiben und dem Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten. Dass die Zuleitung von Einigungsstellensprüchen als pdf-Datei danach nicht möglich ist, zeigt, dass der Gesetzgeber dringend eine „Ausmistung“ prozessualer und materieller Schriftformerfordernisse erwägen sollte, um eine verlässliche und schnelle Übermittlungsform von Dokumenten per E-Mail zuzulassen. Ansonsten wird sich auf Dauer für die Justiz insgesamt ein Akzeptanzproblem stellen. Welches Unternehmen hält beispielsweise heute noch Umschläge zur „Hauspost“ vor? Jedenfalls sind diese in den meisten Fällen vergilbt.

 

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