23.10.2014

Keine Nullachtfünfzehn-Begründung bei der Wahlanfechtung

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Detlef Grimm

Betriebsratswahlen können innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 19 Abs. 2 BetrVG angefochten werden. Das LAG Hamm (Beschl. v. 21.3.2014 – 13 TaBV 110/13) hat sich mit der Frage beschäftigt, wie substantiiert die Begründung einer Wahlanfechtung sein muss.

Nach der vom LAG Hamm herangezogenen Rechtsprechung des BAG (24.05.1965 - 1 ABR 1/65 - AP BetrVG § 18 Nr. 14) muss der Antragsteller, der sich gegen die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl wendet, bereits innerhalb der zweiwöchigen Wahlanfechtungsfrist einen betriebsverfassungsrechtlich erheblichen Tatbestand unterbreiten, der seiner Ansicht nach das Begehren rechtfertigt. Denn ließe man später ein erstmaliges Vorbringen konkreter Gründe zu, würde dies im Ergebnis - so zutreffend das LAG Hamm - auf eine Verlängerung der Wahlanfechtungsfrist für eine unübersehbare Zeit hinauslaufen.

Im vom LAG Hamm entschiedenen Fall war evident – gleich welche Substantiierung der Begründung man verlangt – dass es sich um einen ins Blaue gestellten Antrag gehandelt hatte: Der Arbeitgeber hatte keine spezifischen, auf die konkrete Wahl bezogenen Anfechtungsgründe vorgebracht. Er hatte lediglich neun aufgelistete abstrakte Aspekte vorgetragen, die er wortgleich (!) bereits zwei Jahre zuvor bei der Anfechtung einer anderen Betriebsratswahl unterbreitet hatte.

Auch wenn der Arbeitgeber im konkreten Fall ohne die Einsichtnahme in die Wahlakten – die er ebenfalls beantragt hatte – noch keine Detailkenntnisse über die Wahl hatte, ist es geboten, Wahlanfechtungsbegründungen sorgfältig zu formulieren, da das Gesetz die Zwei-Wochen-Frist für die Anfechtung nach § 19 Abs. 2 BetrVG ernst nimmt. Einer „untechnisch“ herbeigeführten Verlängerung dieser Frist durch pauschal gestellte Anträge wird die Rechtsprechung entgegengetreten.

Unsorgfältig war das Vorgehen des Arbeitgebers auch noch in Bezug auf einen weiteren Antrag: Er hatte beantragt, Einsicht in die Wahlakten zur Betriebsratswahl zu gewähren. Hier hat das BAG zwar aus § 19 WO grundsätzlich einen Anspruch des Arbeitgebers auf Einsichtnahme in die vom Betriebsrat auf privaten Wahlakten bejaht, ohne dass es der Geltendmachung eines besonderen rechtlichen Interesses oder der Darlegung von Anhaltspunkten für die Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit der Betriebsratswahl bedarf (BAG Beschl. v. 27.7.2005 – 7 ABR 54/04, ArbRB 2006, 78 mit Anm. Range-Ditz).

Es hat aber herausgestellt, dass die Bestandteile der Wahlakte, die Aufschluss über das Wahlverhalten von Arbeitnehmern geben können, nicht dem Arbeitgeber zugänglich gemacht werden dürfen. Der Grundsatz der geheimen Wahl wirke auch nach Beendigung der Wahl gegenüber Auskunftsverlangen über die Stimmabgabe.  Die Wahlakten der Betriebsratswahl geben zwar idR keinen Aufschluss darüber, wem der einzelne Wahlberechtigte seine Stimme gegeben hat. Aus den mit Stimmabgabevermerken des Wahlvorstands versehenen Wählerlisten kann aber geschlossen werden, wer sich nicht an der Wahl beteiligt hat. Auch dies ist – so das BAG wörtlich - ein Umstand, der durch das Wahlgeheimnis geschützt wird, weil auch in der Unterlassung der Stimmabgabe eine Wahlentscheidung liegen kann. Gegebenenfalls kann auch aus Briefwahlunterlagen oder aus persönlichen Schreiben einzelner Wahlberechtigter an den Wahlvorstand, die dieser zu den Wahlakten genommen hat, auf deren Wahlverhalten geschlossen werden. Die wahlberechtigten Arbeitnehmer besitzen daher ein berechtigtes Interesse an der möglichst vertraulichen Behandlung derartiger Unterlagen. Die Einsichtnahme des Arbeitgebers auch in solche Bestandteile der Wahlakten ist deshalb nur zulässig, wenn die Einsichtnahme gerade in diese Schriftstücke zur Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Wahl notwendig ist. Das hat der Arbeitgeber darzulegen.

Entsprechend muss der Arbeitgeber seinen Antrag begrenzen, soll dieser nicht als insoweit unbegründet und damit den ganzen Antrag infizierend zurückgewiesen werden. Sinnvoll ist die Stellung von Hilfsanträgen, die von einer Gesamteinsichtnahme als Hauptantrag ausgeht und dann im Hilfsantrag die auf das Wahlverhalten Rückschlüsse gestattenden Inhalte ausklammert.

Merke: Wer eine Betriebsratswahl anfechten will, sollte sorgfältig vorgehen.

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