13.02.2016

Komme gleich wieder!

Portrait von Axel Groeger
Axel Groeger

Nicht von Schildern an Schaltern oder Türen zu kleineren Geschäften soll hier die Rede sein. Sondern von § 16 Abs. 3 BEEG. Eine bereits in Anspruch genommene Elternzeit kann vorzeitig beendet werden. Aber nur, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Dieses Konsensprinzip gilt nur im Grundsatz, denn es wird durchbrochen, wenn die vorzeitige Beendigung wegen der Geburt eines weiteren Kindes oder in Fällen besonderer Härte verlangt wird, insbesondere bei Eintritt einer schweren Krankheit, Schwerbehinderung oder Tod eines Elternteils oder eines Kindes der berechtigten Person oder bei erheblich gefährdeter wirtschaftlicher Existenz der Eltern nach Inanspruchnahme der Elternzeit. Dann kann der Arbeitgeber nur innerhalb von vier Wochen aus dringenden betrieblichen Gründen die vorzeitige Beendigung schriftlich ablehnen. Zur Inanspruchnahme der Schutzfristen nach dem MuSchG kann die Elternzeit sogar ohne Zustimmung des Arbeitgebers vorzeitig beendet werden.

Krankheit ist nicht mit Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen, wie § 3 Abs. 1 EFZG vor Augen führt. Eine schwere Krankheit wird aber oft eine Arbeitsunfähigkeit begründen. Liegt ein Fall besonderer Härte unabhängig davon, welcher Elternteil schwer erkrankt ist, vor oder muss es der andere, nicht berechtigte Elternteil sein? Könnte mithin eine schwere Erkrankung des berechtigten Elternteils, die erst während der Elternzeit eingetreten ist, einen Anspruch auf vorzeitige Beendigung begründen, dem der Arbeitgeber allenfalls mit dringenden betrieblichen Gründen entgegentreten könnte? Ist die Frage, ob eine Erkrankung als schwer zu bezeichnen ist, allein von einem medizinischen Standpunkt aus und damit durch eine verbindliche ärztliche Bescheinigung (mit welchem konkreten Inhalt?) zu beantworten oder auch normativ juristisch? Wer trägt das Risiko einer Fehlbeurteilung und was sind dringende betriebliche Gründe?

Man wünscht sich als Anwalt keine Mandate und als Richter keine Fälle, die solche Fragen aufwerfen, wenn man die Menschen hinter dem Recht sieht. Dies mag erklären, warum diese Fragen in den Kommentierungen zu § 16 Abs. 3 BEEG und in Handbüchern ein Schattendasein führen. Sie sind ein heißes Eisen und groß ist die Gefahr, zu einer Fehlbeurteilung, gar zu einem "barbarischen Urteil" zu gelangen. Die Vorschrift betrifft jedoch eine Grundfrage der sozialstaatlichen Arbeitsrechtsordnung und berührt in ihrem Kern sogar die conditio humana (Hans Hanau, ZfA 2014, 131, 132). Man wünscht jedem jedoch die Erfahrung, jemandem mit gesundem Menschenverstand zu begegnen, der oder die auf (halbwegs) informierter Grundlage als mitfühlender Mensch eine Erkrankung als schwer empfindet und der vorzeitigen Beendigung einfach zustimmt - obwohl es noch so gute juristische Argumente gäbe, sie abzulehnen. Mer muss och jünne könne! (Hochdeutsch: „Man muss auch gönnen können!“)

RA FAArbR Axel Groeger, Bonn www.redeker.de

 

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