Morgenstund´ hat Gold im Mund!
Das LAG Köln hat dem Vorsitzenden des Betriebsrats eines Möbelhauses Nachtzuschläge für die Zeit von 4:00 Uhr bis 6:00 Uhr zugesprochen, obwohl er in dieser Zeit weder gearbeitet noch Betriebsratstätigkeit erbracht hat (Urt. v. 13.12.2013 - 12 Sa 682/13). Der Kläger war in der Abteilung Logistik eingesetzt. Seine Arbeitszeit begann regelmäßig, wie die sämtlicher anderer Vollzeitkräfte in der Abteilung Logistik, um 4:00 Uhr und endete um 12:30 Uhr. Nachdem der Kläger zum Vorsitzenden des Betriebsrats gewählt worden war, vereinbarten die Betriebspartner, dass er für Betriebsratsarbeit täglich 3,5 Stunden von der Arbeit befreit wird. Gleichzeitig wurde im Einvernehmen mit dem Kläger dessen Arbeitsbeginn auf 6:00 Uhr verschoben, um die Möglichkeit, dass die anderen Beschäftigten mit dem Kläger während dessen Arbeitszeit Kontakt aufnehmen, zu verbessern. Die Arbeitszeit eines Großteils der Belegschaft beginnt erst um 10:00 Uhr.
Zwar sind Mitglieder des Betriebsrats nach § 37 Abs. 2 BetrVG ohne Minderung des Arbeitsentgelts von ihrer beruflichen Tätigkeit zu befreien, wenn und soweit es nach Art und Umfang des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Während der Arbeitsbefreiung steht Betriebsratsmitgliedern das Arbeitsentgelt zu, das sie nach § 611 Abs. 1 BGB ohne Freistellung verdient hätten. Für die Bemessung des Entgelts gilt also das Lohnausfallprinzip. Jedoch dürfen die Mitglieder des Betriebsrats nach § 78 S. 2 BetrVG wegen ihrer Stellung nicht bevorzugt werden; das gilt aber auch für ihre berufliche Entwicklung. Wesentlich ist nach Ansicht des LAG Köln § 37 Abs. 4 BetrVG, wonach das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats nicht geringer bemessen werden darf als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Der streng kausalen Betrachtungsweise des § 37 Abs. 2 BetrVG stellt nach richtiger Ansicht des LAG Köln § 37 Abs. 4 BetrVG eine hypothetische Betrachtungsweise gegenüber, die letztlich ausschlaggebend war.
Das LAG Köln sieht die hier vorgenommene einvernehmliche Änderung der Arbeitszeit als eine für die Abteilung Logistik nicht typische berufliche Entwicklung des Klägers an, die es ausgleichen wollte; jedoch stellt § 37 Abs. 4 BetrVG auf die berufliche Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer ab, die hier gerade nicht vorlag. Dass das LAG Köln weniger den Gesetzeswortlaut und mehr die daraus abgeleiteten Betrachtungsweisen oder Rechtsprinzipien im Auge hat, macht seine Entscheidung dogmatisch angreifbar (zu Rechtsprinzipien BAG v. 7.7.2010 - 4 AZR 549/08, ArbRB 2010, 304 [Mues]). Entscheidend war aus Sicht des LAG Köln, dass die Änderung der Lage der Arbeitszeit des Klägers unstreitig allein aufgrund der Überlegung erfolgt war, seine Arbeitszeit so zu legen, dass er als Ansprechpartner auch für diejenigen Mitarbeiter zur Verfügung steht, die täglich ihre Arbeit erst ab 10 Uhr aufnehmen (zu einer anderen Konstellation siehe LAG Hamm v. 13.1.2012 - 10 Sa 1225/11, juris).
Fragen zur vom Verfasser bevorzugten Betrachtungsweise? ;-)
RA FAArbR Axel Groeger, Bonn www.redeker.de