Neues Spiel, neues Glück! Der überarbeitete Referentenentwurf zur Stärkung der Tarifautonomie und weitere Maßnahmen (Tariftreuegesetz), jetzt mit Online-Wahlen und einem neuen Offizialdelikt im BetrVG
Bekanntlich enthielt der bisherige Referentenentwurf zur Stärkung der Tarifautonomie und weitere Maßnahmen (Tariftreuegesetz) gleichsam versteckt auch geplante Neuregelungen zur Verhinderung von „Tarifflucht“ bei Betriebsaufspaltungen sowie zu einem digitalen Zugangsrecht der Gewerkschaften (vgl. ArbRB-Blog vom 25.9.2024). Anstelle dieser Gesetzesänderungen ist nun vorgesehen, im Betriebsverfassungsgesetz ergänzend zu den bisherigen Möglichkeiten Online-Wahlen zu ermöglichen. Außerdem soll die Behinderung einer Betriebsratswahl als Offizialdelikt ausgestaltet werden.
Nach § 18a Abs. 1 BetrVG n.F. soll nur für die nächsten regelmäßigen Betriebsratswahlen, die in der Zeit vom 1. März 2026 bis zum 31. Mai 2026 stattfinden, dem Betriebsrat die Möglichkeit eröffnet werden, im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber für den Wahlvorstand ergänzend die Möglichkeit zu schaffen, die Stimmabgabe auch im Wege der elektronischen Stimmabgabe zu ermöglichen. Die Online-Wahl ersetzt also nicht vollständig die bisher im Gesetz vorgesehenen Möglichkeiten. In der Begründung des Entwurfs wird ausdrücklich betont, dass Urnen- und Briefwahl unverändert möglich bleiben sollen. Der Wahlvorstand kann auch nicht vorschreiben, dass die Stimmabgabe ausschließlich elektronisch zu erfolgen hat. Wird eine solche Online-Wahl ermöglicht, bestellt der Betriebsrat nach § 18 Abs. 2 Satz 1 BetrVG n.F. abweichend von § 16 Abs. 1 Satz 1 und § 17a Nr. 1 BetrVG spätestens 26 Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit einen Wahlvorstand, der aus fünf Wahlberechtigten besteht, und einen von ihnen zum Vorsitzenden. Begründet wird dies damit, dass der Wahlvorstand die Vorbereitung der Online-Wahl als zusätzliche Aufgabe neben der Vorbereitung der Urnen- und Briefwahl zu erledigen habe.
Bei Betriebsratswahlen, die nicht auch als Online-Wahl durchgeführt werden, hat der Betriebsrat nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BetrVG spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit einen Wahlvorstand aus drei wahlberechtigten Mitgliedern zu bestellen und eines dieser Mitglieder zum Vorsitzenden zu ernennen.
Mittelbar greift dadurch der Sonderkündigungsschutz für Mitglieder des Wahlvorstands im Sinne des §§ 15 Abs. 3 KSchG früher ein und betrifft aufgrund der erhöhten Zahl der Mitglieder des Wahlvorstands auch mehr Personen. Wahlvorschläge können, wenn die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren auch als Online-Wahl durchgeführt wird, nach § 18 Abs. 3 BetrVG n.F. abweichend von § 14 Abs. 3 Satz 2 BetrVG bis eine Woche vor dem ersten Tag der Stimmabgabe gemacht werden.
§ 18 Abs. 4 BetrVG n.F. sieht Regelungen zu möglichen Online-Wahl-Produkten vor. Nähere Bestimmungen zur Vorbereitung, Durchführung, Auswertung und Nachbereitung Online-Wahl werden nach § 18 Abs. 6 BetrVG n.F. in einer Rechtsverordnung festgelegt.
Die Befristung der neuen zusätzlichen Möglichkeit der Online-Wahl auf die nächste regelmäßige Betriebsratswahl erklärt sich aus § 18 Abs. 5 BetrVG n.F. Dort ist vorgesehen, dass die Online-Wahl durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales evaluiert wird.
119 Abs. 2 BetrVG sieht bisher vor, dass die dort genannten Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder nur auf Antrag bestimmter im Gesetz genannter Betriebsverfassungsorgane, des Unternehmens oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft verfolgt werden können. Diese Regelung soll aufgehoben werden, so dass es sich künftig um ein Offizialdelikt handeln würde. Auch ohne Antrag müsste die Staatsanwaltschaft von Amts wegen ermitteln. Begründet wird dies damit, dass Arbeitgeber in einigen Betrieben versuchen würden, die Gründung von Betriebsräten zu verhindern und die Arbeit von Betriebsräten zu behindern. Dies ist jedoch eine nicht nachvollziehbare Behauptung. Durch die Schaffung eines Offizialdelikts soll nach dem Willen der Verfasser die Zahl der Behinderungen von Betriebsratswahlen und Betriebsratstätigkeit verringert werden.
Professor Dr. Wolfgang Kleinebrink