Neun häufige arbeitsrechtliche Versäumnisse, die teuer werden können
Auch wenn das geplante Bürokratieentlastungsgesetz das bürokratische Dickicht insgesamt lichten soll, bleiben die Hürden für Unternehmen insbesondere im Arbeitsrecht enorm. Die Einhaltung unzähliger sowohl bestehender als auch stetig neu hinzukommender gesetzlicher Vorgaben geht für Unternehmen oft mit großen Herausforderungen einher. Im Folgenden verschaffen wir Ihnen einen Überblick über häufig vernachlässigte Verpflichtungen, die für Unternehmen jedoch teuer werden können.
Arbeitgeber haben die Pflicht, Beschäftigte über deren Rechte zu informieren, indem sie bestimmte Gesetze sowie geltende Kollektivverträge, die für das Arbeitsverhältnis von Bedeutung sein können, im Betrieb aushängen. Hierzu gehören beispielhaft das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das Arbeitszeitgesetz, das Mutterschutzgesetz sowie etwaig geltende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen. Ein Verstoß gegen die Aushangpflichten stellt in der Regel eine Ordnungswidrigkeit dar, die zur Verhängung eines Bußgeldes führen kann. Bei einem Verstoß gegen die Verpflichtung zum Aushang des Arbeitszeitgesetzes kann dieses etwa bis zu EUR 5.000 betragen. Auf welche Weise die jeweilige Pflicht erfüllt werden kann (etwa Aushang, Auslegung, Verbreitung über Intranet), ist den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften zu entnehmen. Erforderlich ist stets, dass der gesamte Adressatenkreis in der Lage ist, von den Informationen Kenntnis zu erlangen, und dass diese in der aktuellen Fassung zur Verfügung gestellt werden.
Im August 2022 kam es zu einer Novellierung des Nachweisgesetzes, womit die Verpflichtung für Arbeitgeber, Beschäftigten die wesentlichen Vertragsbedingungen bekanntzumachen, erheblich verschärft wurde. Ein nunmehr erweiterter Katalog wesentlicher Vertragsbedingungen muss – zumindest derzeit noch – schriftlich niedergelegt, unterzeichnet und innerhalb bestimmter Fristen ausgehändigt werden. Kommen Unternehmen dem nicht oder nicht in der gesetzlich vorgesehenen Weise nach, können die Verstöße mit einem Bußgeld von bis zu EUR 2.000 geahndet werden. Auch arbeitnehmerseitige Schadensersatzansprüche oder Zurückbehaltungsrechte kommen in Betracht.
Nach der DSGVO ist der Arbeitgeber zur umfassenden Information der Beschäftigten über die Erhebung personenbezogener Daten verpflichtet. Welche Angaben hierzu erforderlich sind, ist von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhängig. Notwendig ist regelmäßig die Angabe des Namens und der Kontaktdaten des Arbeitgebers sowie des internen oder externen Datenschutzbeauftragten, der verarbeiteten Datenkategorien, der Zwecke und Rechtsgrundlagen der Datenverarbeitung, der Empfänger der personenbezogenen Daten, der Speicherdauer sowie eine Information über Betroffenenrechte. Verletzungen der Informationspflicht können mit einer Geldbuße von bis zu EUR 20 Mio. oder von bis zu 4 % des gesamten weltweiten (Konzern-)Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres geahndet werden.
Arbeitgeber, die personenbezogene Daten automatisiert verarbeiten und ständig mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftigen, sind nach dem BDSG zur Bestellung einer/s betrieblichen Datenschutzbeauftragten verpflichtet. Automatisierte Verarbeitung meint nicht erst den Einsatz spezialisierter, auf Datenauswertung ausgerichteter Software. Bereits Outlook oder Excel fallen hierunter. Ein Verstoß gegen die Bestellungspflicht kann mit einer Geldbuße von bis zu EUR 10 Mio. oder von bis zu 2 % des gesamten weltweiten (Konzern-)Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres geahndet werden.
Um Aufgaben der Ersten Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung wahrzunehmen, muss im Betrieb ein(e) Ersthelfer*in benannt werden. Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Bestellung ist nicht unmittelbar bußgeldbewehrt. Spricht der Unfallversicherungsträger jedoch eine entsprechende Anordnung zur Bestellung aus und verstößt der Arbeitgeber hiergegen, droht ein Bußgeld von bis zu EUR 10.000.
Der Arbeitgeber wird zur Gewährleistung des betrieblichen Arbeitsschutzes von der Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie dem Betriebsarzt/der Betriebsärztin unterstützt. Während eine Fachkraft für Arbeitssicherheit den Arbeitgeber bei technischen Fragen des Arbeitsschutzes unterstützt, sollen Betriebsärzt*innen in allen Fragen des Gesundheitsschutzes beraten. Verstöße können Bußgelder von bis zu EUR 25.000 nach sich ziehen.
Durch das Arbeitszeitgesetz wird eine durchschnittliche wöchentliche Höchstgrenze der Arbeitszeit von 48 Stunden sowie eine werktägliche Höchstgrenze von acht bzw. – bei entsprechendem Ausgleich innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen – zehn Stunden vorgegeben. Ausgegangen wird dabei von einer Sechs-Tage-Woche, so dass, wenn an weniger als sechs Werktagen pro Woche gearbeitet wird, die arbeitsfreien Werktage zum Ausgleich herangezogen werden können. Hiervon abweichend kann in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung die Arbeitszeit auf über zehn Stunden werktäglich verlängert werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt. Erfolgt eine Beschäftigung über die gesetzlich zulässigen Höchstgrenzen der Arbeitszeit hinaus, kann dies mit einer Geldbuße von bis zu EUR 30.000 geahndet werden, in bestimmten Fällen können Verstöße sogar zur Strafbarkeit der verantwortlichen Organe führen.
Unternehmen sind gehalten, bei Überschreitung des Schwellenwertes von in der Regel 50 Beschäftigten eine interne Meldestelle einzurichten. Sogenannte Whistleblower können sich jedoch auch im Falle der Einrichtung im Sinne einer effektiven Verfolgung sofort an eine externe Stelle wenden. Für Unternehmen, die ihrer Pflicht zur Einführung und zum Betrieb einer internen Meldestelle nicht nachkommen, droht eine Geldbuße in Höhe von bis zu EUR 20.000.
Die Einbeziehung einer Schwerbehindertenvertretung hat zum Ziel, die Interessen schwerbehinderter Beschäftigter gegenüber dem Arbeitgeber zur Geltung zu bringen. Einzurichten ist eine solche Vertretung in Betrieben und Dienststellen, in denen wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind. Sie ist Anlaufstelle für Anregungen und Beschwerden schwerbehinderter Menschen und nimmt Vermittlungstätigkeiten zwischen letzteren und dem Arbeitgeber wahr. Zudem überwacht sie die Einhaltung zugunsten schwerbehinderter Beschäftigter geltender Vorschriften. Verstöße gegen gesetzliche Unterrichtungs- und Anhörungspflichten können mit einem Bußgeld von bis zu EUR 10.000 geahndet werden.
Zweifellos bedeuten die aufgeführten Verpflichtungen für Unternehmen in organisatorischer Hinsicht erheblichen Mehraufwand. Schon wegen der zum Teil erheblichen Bußgeldverfahren ist es jedoch wichtig, eine verlässliche Betriebsstruktur zu etablieren, in der sämtliche Pflichten wahrgenommen werden können. Unerlässlich ist es dabei auch, verantwortliche Arbeitnehmer*innen regelmäßig zu schulen, um auch in Zukunft auf Neuerungen vorbereitet zu sein.
Der Blog-Beitrag stellt eine Zusammenfassung eines Aufsatzes zum Thema von Thomas Niklas aus ArbRB 2024, 19 ff. dar – auch abrufbar im Gratis-Test des Arbeits-Rechtsberaters und/oder unserer Datenbank.