Prozesskostenhilfe für Schadensersatzanspruch aufgrund rechtswidriger Mitarbeiterfotoverwendung
Das ArbG Lübeck hat in einem Beschluss vom 20.6.2019 (1 Ca 536/19) Prozesskostenhilfe für einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatzanspruch bei der nicht mehr von einer rechtswirksamen Einwilligung gedeckten Verwendung eines Mitarbeiterfotos auf einer firmeneigenen Facebook-Seite bejaht.
Im Rahmen der im PKH-Verfahren durchzuführenden summarischen Prüfung sei es „hinreichend wahrscheinlich“, dass ein Schadensersatzanspruch gem. Art. 82 Abs. 1 DSGVO bestehe, weil der ein Altenheim betreibende Arbeitgeber das Foto eines Mitarbeiters nach dessen Ausscheiden auf der Facebook-Seite des Unternehmens weiterverwandt habe, obgleich der Mitarbeiter sich dagegen verwehrt hatte.
Aus Sicht des Arbeitsgerichts – das hier aber sehr kurz argumentiert – lag keine schriftliche Einwilligung vor. Die Zustimmung des Klägers hinsichtlich der Verwendung seines Fotos lag (nur) in Bezug auf den Aushang bei Dienstantritt vor. Auch eine konkludente Einwilligung scheide schon wegen fehlender Schriftlichkeit der Einwilligung aus.
Besondere Umstände in Bezug auf einen Formverzicht seien nicht ersichtlich. Es zeigt sich plastisch, dass Einwilligungen von Arbeitnehmern in die Veröffentlichung ihrer Bilder auf der Homepage, sozialen Medien oder in Druckerzeugnissen sorgfältig formuliert und auch dokumentiert werden müssen, wie dies die Rechtsprechung des BAG (z.B. im Urteil vom 19.2.2015 – 8 AZR 1011/13, ZD 2015, 380) herausgestellt hat. Instruktive Musterformulierungen dazu finden sich bei Kleinebrink, DB 2018, 1729, 1732 (zum Ganzen auch Grimm in Tschöpe, Arbeitsrecht Handbuch, 11. Auflage 2019, Teil 6 F Rz. 404 bis 412).
Soweit eine Einwilligung vorliegt ist fraglich, ob die zu § 22 KUG ergangene Rechtsprechung, wonach das Widerrufsrecht und insbesondere auch der grundlose Widerruf im laufenden Arbeitsverhältnis ausscheidet, nach dem 25.5.2018 fortgelten kann.
Jedenfalls spricht nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses die Vermutung dafür, dass kein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers besteht, weshalb im Regelfall die Interessenabwägung zugunsten des ausscheidenden Arbeitnehmers ausfallen wird und eine Einwilligung widerruflich wäre (Grimm, a.a.O. Rz. 410).
Denkbar sind neben Schadensersatzansprüchen auch Löschungsansprüche, d.h. der Löschungsanspruch in Bezug auf die Homepage und/oder das Druckerzeugnis, was die Vernichtung zur Folge hat. Daneben bestehen auch Unterlassungsansprüche (dazu Grimm, a.a.O. Rz. 412).
Dass die Nutzung eines Fotos zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses nicht erforderlich ist – die Rechtfertigung nach § 26 Abs. 1 BDSG ausscheidet - subsumiert das ArbG Lübeck dann nur noch kurz.
Zur Höhe des Schmerzensgeldes führt es aus, dass es den ursprünglich begehrten Schmerzensgeldanspruch von 3.500,00 € mit Blick auf die gegenüber einer unzulässigen Videoüberwachung weniger intensive Persönlichkeitsverletzung für unangemessen ansieht. 1.000,00 € seien genügend. Die Höhe müsse man im Hauptverfahren (hier war nur über die PKH gem. § 114 ZPO zu entscheiden) feststellen.
Die Entscheidung zeigt, dass Datenschutzfragen auch auf der „einfachen“ betrieblichen Ebene Bedeutung erlangen. Unternehmen sollten die Einwilligungspraxis für Fotos auf der Homepage und in Druckerzeugnissen im Rahmen eines Prozesses und in der Dokumentation sorgfältig aufsetzen.