22.06.2012

Schutz vor heimlichem Video beim Zigarettenklau?

Portrait von Wienhold Schulte
Wienhold Schulte www.schulteundkarlsfeld.de

Der Diebstahl geringwertiger Güter bleibt als Kündigungsgrund aktuell, nicht nur in der Rechtsprechung der Instanzgerichte, sondern auch des 2. Senats des BAG, wie sich aus der gestern (21.6.2012) ergangenen und als Pressemitteilung Nr. 49/12 veröffentlichen Entscheidung ergibt. Auch nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit kann die Entwendung von einigen Zigarettenpackungen aus dem Warenbestand des Arbeitgebers eine Kündigung  rechtfertigen. Das LAG Köln (6 Sa 817/10, ArbRB online) als Berufungsgericht hatte die fristlose für unwirksam, die hilfsweise fristgerechte für wirksam gehalten.

Der 2. Senat hat das Berufungsurteil aufgehoben und zurückverwiesen. Zunächst wird die Würdigung des LAG bestätigt, der festgestellte Sachverhalt rechtfertige die fristgemäße Kündigung.  Das LAG müsse  jedoch noch weitere Sachaufklärung leisten, weil noch nicht feststehe, ob die Voraussetzungen der prozessualen Verwertung der  heimlichen Videoüberwachung , die die Klägerin überführt hatte, gegeben seien. Die Vorschrift des § 6b Abs.2 BDSG stehe einer Videoüberwachung im öffentlichen Raum, also auch an öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen grundsätzlich nicht entgegen.

Klar ist aber zunächst: Diebstahl - auch von geringwertigen Sachen - bleibt  kündigungrelevant. Und  das ist gut so! Unklar waren dem BAG die Umstände der mit Zustimmung des Betriebsrats durchgeführten - erfolgreichen - Überwachungsmaßnahme. Vergegenwärtigt man sich den im Tatbestand des Berufungsurteil wiedergegebenen Sachverhalt, kann man nicht recht erkennen, warum die vom Senat  angeführten, schon in seinem Urt. v. 27.03.2003 (Az.: 2 AZR 51/02, ArbRB 2003, 327 [Braun], ArbRB online)  aufgestellten Grundsätze vom LAG Köln nicht beachtet sein sollten (zu Verwertungsverboten ausführlich auch Grimm, ArbRB 2012, 126 ff. , ArbRB online; ferner Bergwitz, NZA 2012, 353 ff.).  Die Dauer der Maßnahme war auf einen Zeitraum von vier Wochen beschränkt. Der Betriebsrat hatte ihr zugestimmt unter Auflagen, die wohl eingehalten wurden. Er hat auch der Kündigung zugestimmt und damit, wie das LAG betont, die Maßnahme als zulässig angesehen. Es gab Inventurdifferenzen, also einen Anlass zur Überwachung. Und die Einlassung der Klägerin im Rahmen der Anhörung schien alles andere als plausibel.

Warum dennoch nicht  "durchentschieden"  wurde, wird erst nach Veröffentlichung des vollständigen Senatsurteils erkennbar sein. Schon jetzt darf man gespannt sein, welches "Haar in der Suppe" in diesem an sich klaren Fall zur Zurückverweisung geführt hat.

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