Tariftreue- und Vergabegesetz NRW in Kraft getreten
Zum 01.05.2012 ist das Tariftreue- und Vergabegesetz NRW (TVgG-NRW) in Kraft getreten. Es stellt verbindliche Regeln für öffentliche Aufträge z.B. von Kommunen, kommunalen Unternehmen oder Landesbehörden in NRW auf. Aufträge dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die sich bei der Angebotsabgabe verbindlich zur Einhaltung dieser Regeln verpflichten.
Die wesentlichen Regeln:
Ab einem geschätzten Auftragswert von 20.000 Euro netto müssen die Unternehmen denjenigen Beschäftigten, die sie bei der Ausführung des öffentlichen Auftrages einsetzen, ein Mindestentgelt von 8,62 Euro brutto pro Stunde zahlen (§ 4 Abs. 3 TVgG-NRW). Werden bei der Ausführung des Auftrages Leiharbeitnehmer eingesetzt, so müssen die Unternehmen dafür Sorge tragen, dass diese für die gleiche Tätigkeit ebenso entlohnt werden wie die Stammbeschäftigten des Unternehmens (§ 4 Abs. 4 TVgG-NRW). Bemerkenswert ist, dass dieser bereits aus dem AÜG bekannte Grundsatz des Equal-Pay nicht dadurch durchbrochen werden kann, dass der Verleiher einen Tarifvertrag der Zeitwirtschaft anwendet.
Setzen die Unternehmen bei der Ausführung des Auftrages Nachunternehmer ein, so müssen sie dafür Sorge tragen, dass auch diese eine entsprechende Verpflichtungserklärung abgeben (§ 9 TVgG-NRW).
Wenig durchdacht ist die weitere Regel, dass sich die Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten ab einem geschätzten Auftragsvolumen von 50.000 Euro netto dazu verpflichten müssen, bei der Ausführung des Auftrages Maßnahmen zur Frauenförderung und zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie durchzuführen oder einzuleiten (§ 19 TVgG-NRW). Die Einzelheiten hierzu sollen sich aus einer Rechtsverordnung ergeben (§ 21 Abs. 4 Nr. 3 TVgG-NRW), die aber noch nicht erlassen wurde. Dies führt derzeit in der Vergabepraxis zu einer erheblichen Unsicherheit.
Kontrolle und Sanktionen:
Zur Kontrolle berechtigt ist zum einen der öffentliche Auftraggeber selbst; so sind ihm jederzeit auf Verlangen vollständige und prüffähige Unterlagen vorzulegen und zu erläutern, aus denen sich die Einhaltung der Regeln ergibt (§ 11 Abs. 3 TVgG-NRW). Hierneben gibt es mit dem Wirtschaftsministerium des Landes NRW eine eigene Prüfbehörde, die z.B. unangemeldet während der üblichen Geschäftszeiten auch bei den Unternehmen vor Ort die Einhaltung der Regeln kontrollieren kann (§ 15 TVgG-NRW).
Wird eine unwahre Verpflichtungserklärung abgegeben oder eine hierin eingegangene Verpflichtung nicht erfüllt, so droht zunächst eine Vertragsstrafe des öffentlichen Auftraggebers und eine fristlose Kündigung des Auftrags – beides ist zwingend vertraglich zu vereinbaren (§ 12 TVgG-NRW). Zudem stellen derartige Verstöße eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden können (§ 16 Abs. 1 und 2 TVgG-NRW). Schließlich droht ein Ausschluss von der öffentlichen Auftragsvergabe für die Dauer von drei Jahren (§ 13 TVgG-NRW), was je nach Unternehmen existenzgefährdend sein kann.
Im Ergebnis kann mithin nur davor gewarnt werden, leichtfertig eine Verpflichtung einzugehen, die man nicht erfüllen kann.