08.08.2019

Urlaub - richtig gemacht - 3 . Teil Die Abfindung von Urlaubsansprüchen im laufenden Arbeitsverhältnis

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Detlef Grimm

Der gesetzliche Urlaub ist eigentlich „in natura“ zu gewähren, also durch Freistellung. Erst nach Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis darf er durch Geldleistungen abgegolten werden (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Trotz dieser Regelung ist die Abfindung von Urlaubsansprüchen im laufenden Arbeitsverhältnis weitreichender möglich, als oft geglaubt.

Wichtig zu wissen ist im Ausgangspunkt Folgendes: Selbst wenn der Arbeitnehmer damit einverstanden ist und sich auf einen Vertrag mit dem Arbeitgeber einlässt, kann der gesetzliche Urlaub nicht im laufenden Arbeitsverhältnis abgegolten, d.h. gegen Geldleistung auf Urlaubstage verzichtet werden. Der Gesetzgeber legt Wert darauf, dass Urlaub – der dem Gesundheitsschutz des Mitarbeiters dient – grundsätzlich nur durch Freistellung von der Arbeitsleistung gewährt wird. Während des Urlaubs muss der Arbeitnehmer sich dann nach § 8 BUrlG erholen und darf nicht etwa eine Nebentätigkeit ausüben. Von diesen gesetzlichen Regeln darf nach § 13 Abs. 1 BUrlG auch mit Zustimmung des Arbeitnehmers nicht abgewichen werden. Der Arbeitnehmer wird durch das gesetzliche Urlaubsrecht bevormundet.

Von diesem Abfindungsverbot gibt es allerdings zwei wesentliche Ausnahmen:

  1. Das Abfindungsverbot gilt nur für den gesetzlichen Mindesturlaub. Darüber hinaus auf vertraglicher Grundlage gewährter Urlaub, sog. vertraglicher Mehrurlaub, unterliegt der Vertragsfreiheit. Bei einer Fünf-Tage-Vollzeitkraft beträgt der gesetzliche Mindesturlaub 20 Arbeitstage. Gewährt der Arbeitgeber stattdessen 30 Arbeitstage, kann er zehn Arbeitstage vertraglichen Mehrurlaub im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer abfinden. Da genommener Urlaub zunächst auf den gesetzlichen Urlaub angerechnet wird, bleibt zum Jahresende üblicherweise nur noch vertraglicher Mehrurlaub übrig. Deshalb ist der Urlaub, auf den es gerade ankommt, meist vertraglich disponibel. Auch die Höhe des Abfindungsbetrags unterliegt der Vertragsfreiheit. Voraussetzung ist nur, dass der Arbeitnehmer zustimmt. Er kann dem Arbeitgeber seinen Urlaub auch unter Wert verkaufen. Aber Achtung: Wird der Mehrurlaub aufgrund einer Betriebsvereinbarung gewährt, kann der Arbeitnehmer grundsätzlich nur mit Zustimmung des Betriebsrats auf diesen verzichten – selbst wenn er dafür eine Gegenleistung in Geld erhält (§ 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG). Etwas anderes gilt nur, wenn dies in der Betriebsvereinbarung ausdrücklich abweichend geregelt ist. Bei Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu Urlaubsansprüchen sollte an eine solche Regelung gedacht werden. Auch tarifvertragliche Urlaubsansprüche sind für ein Gewerkschaftsmitglied nur dann verzichtbar, wenn der Tarifvertrag dies – und das ist eigentlich nie der Fall – zulässt.
  2. Nach h.M. ist zudem ein sog. Tatsachenvergleich über den Umfang noch bestehender gesetzlicher, tariflicher und betriebsverfassungsrechtlicher Urlaubsansprüche zulässig, wenn über den Umfang des noch zu gewährenden Urlaubs eine tatsächliche Unsicherheit besteht. Ist nicht mehr ganz klar, wie viel Urlaub nun aus den Vorjahren übertragen worden ist, kann sich der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer deshalb auf eine bestimmte Zahl von Urlaubstagen einigen. Eine mögliche Klausel könnte z.B. lauten:

„Die Parteien sind sich im Wege des Tatsachenvergleichs einig, dass dem Arbeitnehmer aus den Vorjahren noch fünf Urlaubstage zustehen, die er in dieses Urlaubsjahr überträgt; sämtlicher weitergehender Urlaub wurde in Natur genommen."

Oder als Kombination: „Der Arbeitnehmer verzichtet auf sämtliche denkbaren Ansprüche auf vertraglichen Mehrurlaub, die ihm aus Vorjahren zu übertragen sind. Die Parteien sind sich im Wege des Tatsachenvergleichs einig, dass aus den Vorjahren keine Ansprüche auf gesetzlichen Mindesturlaub mehr offen und ins aktuelle Jahr zu übertragen sind, sondern diese sämtlich in Natur genommen wurden.“

Wissen allerdings Arbeitgeber und Arbeitnehmer genau, welcher Urlaub dem Arbeitnehmer eigentlich zustehen würde, ist ein abweichender Tatsachenvergleich als Umgehungsgeschäft unwirksam (BAG, Urteil vom 12.02.2014, Az. 4 AZR 317/12). Dem Arbeitgeber droht dann die Gefahr, erneut in Anspruch genommen zu werden. Dieses Vorgehen birgt also Risiken!

Selbstverständlich darf Urlaub nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Geld abgegolten werden. Dies sieht § 7 Abs. 4 BUrlG ausdrücklich so vor.

Sobald der Abgeltungsanspruch entstanden ist, unterliegt er der Vertragsfreiheit und über seinen Inhalt dürfen vertragliche Abreden geschlossen werden.

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