12.08.2019

Urlaub - richtig gemacht - 4 . Teil Urlaub im gekündigten Arbeitsverhältnis

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Detlef Grimm

Ein Urteil des BAG aus der Serie vom 19.2.2019 befasst sich mit den Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers im gekündigten Arbeitsverhältnis. Das BAG (Urt. 19.2.2019 - 9 AZR 321/16) stellt heraus, dass die aus dem richtlinienkonformen Verständnis des § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG resultierenden Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers auch nach einer Kündigung (fort) bestehen.

Ich stelle Ihnen die Orientierungssätze vor:

2. Die aus einem richtlinienkonformen Verständnis von § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG resultierenden Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs bestehen nach Ausspruch einer arbeitgeberseitigen Kündigung fort. Die vor der rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag bestehende Ungewissheit der Parteien über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses steht dem nicht entgegen. Maßgeblich ist allein die objektive Rechtslage (Rz. 55 der Urteilsgründe).

3. Stellt der Arbeitgeber den Bestand des Arbeitsverhältnisses durch Ausspruch einer Kündigung in Abrede, bedarf es zur Erfüllung seiner Mitwirkungsobliegenheiten einer Erklärung, er sei bereit, dem Arbeitnehmer auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bezahlten Urlaub zu gewähren. Anderenfalls kann der Arbeitnehmer in der Regel nicht annehmen, der Arbeitgeber sei bereit, ihm trotz der Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses durch eine entsprechende Freistellungserklärung und die Zahlung des Urlaubsentgelts vor Antritt des Urlaubs oder eine sie bindende Zahlungszusage vorbehaltlos bezahlten Urlaub zu gewähren (Rz. 56 der Urteilsgründe, Fettdruck vom Verfasser hinzugefügt).

Nun, das ist eine konsequente Fortführung der neuen Rspr. des 9. Senats. Bislang galten die Grundsätze der Befristung des Urlaubsanspruchs auch im Kündigungsfall (HWK/Schinz, 8. Aufl. 2018, § 7 BUrlG, Rz. 133). Allerdings hatte der Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch aus § 286 Abs. 1 BGB. Es bedurfte keiner Mahnung, wenn der Arbeitnehmer für einen konkreten Zeitraum Urlaub verlangte (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Nun ist der Arbeitnehmer nicht mehr auf den  Sekundäranspruch verwiesen, und es bedarf keines Urlaubsbegehrens mehr (zum Vorgehen nach der alten Rechtsprechung: HWK/Schinz, 8. Aufl. 2018, § 7 BUrlG, Rz. 133 mwN.).

Die Mitwirkungsobliegenheiten bestehen also auch nach Kündigungen! Dem Arbeitgeber steht frei - will er dem ungewissen Ausgang des Kündigungsrechtsstreits Rechnung tragen - die Zahlung des Urlaubsentgelts mit der Tilgungsbestimmung zu verbinden, "hilfsweise solle mit der Zahlung des Urlaubsentgelts ein gegebenenfalls bestehender Urlaubsabgeltungsanspruch des Kl. erfüllt werden (vgl. BAGE 150, 355 = NZA 2015, 998 = AP BUrlG § 7 Nr. 75 Rn. 26)." (so das BAG in Rz. 55 aE).

Was passiert, wenn der Arbeitnehmer im Kündigungsrechtsstreit unterliegt und das Urlaubsentgelt nicht mehr zurückzahlen kann, weil er vermögenslos ist oder sein Einkommen unterhalb der Pfändungsfreigrenze liegt? Ist die Hinterlegung eine Alternative?

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