12.06.2012

Von der Gefahr des Blogs

Portrait von Detlef Grimm
Detlef Grimm

Arbeitgeber müssen persönliche Daten ausgeschiedener Arbeitnehmer von ihrer Homepage und auch vom Blog des Unternehmens löschen. Das hat das Hessische Landesarbeitsgericht (Urteil vom 24.1.2012 – Az. 19 SaGa 1480/11, ArbRB online) nun entschieden. Das Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers ist verletzt, wenn der Arbeitgeber persönliche Daten und Fotos nach dem Ausscheiden weiter auf der Homepage präsentiert. Der Löschungsanspruch kann sogar im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden.

Eine Rechtsanwältin, die im Besitz auch einer US-amerikanischen Anwaltszulassung war, war von Mai bis Juli 2011 in einer Sozietät beschäftigt. Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wurde sie mit entsprechendem Profil als Rechtsanwältin auf der Homepage geführt. Daneben wurde im News-Blog der Homepage eine Website geführt, in der ebenfalls das Profil und das Foto der Klägerin eingestellt war. Dabei wurde formuliert: „langjährige Berufserfahrung in Deutschland und in den USA, von der unsere Mandanten profitieren werden.“ Das Profil war mit einem Bild und einem Bezug zur Homepage verbunden. Die Klägerin wurde nach ihrem Ausscheiden Leiterin der Rechtsabteilung eines Unternehmens und verlangte von ihrem früheren Arbeitgeber die Löschung der persönlichen Daten auf der Homepage und im News-Blog. Die Sozietät löschte die Daten nicht vom News-Blog.

Zu prüfen sind der Verfügungsanspruch und der Verfügungsgrund. Der Verfügungsanspruch folgt aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der früheren Arbeitnehmerin (§ 241 Abs. 2 BGB) als vertraglichem Anspruch sowie aus dem deliktrechtlichen Schutz des allgemeinen Arbeitnehmerpersönlichkeitsrechts gem. Art. 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 GG und aus einer Verletzung der §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB. Das LAG  nimmt bei der Prüfung der nachvertraglichen Rücksichtnahmepflicht als auch des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Interessenabwägung vor. Dabei sieht es berufliche Nachteile, wenn die Arbeitnehmerin nach dem Anstellungsverhältnis weiterhin der Sozietät als Arbeitnehmerin zugeordnet werde, weil bewusst durch Foto und Text die individuelle Persönlichkeit und die berufliche Qualifikation herausgestellt werden. Auch in ihrer Position als Rechtsanwältin in einem Unternehmen bzw. in einer eigenen Praxis habe sie Wettbewerbsnachteile. Potentielle Mandanten würden bei der Suche im Internet auf der Homepage der beklagten Rechtsanwaltssozietät verwiesen. Auch der Hinweis auf eine „News“ erwecke den Eindruck, dass die Klägerin erst gerade eingetreten und mithin noch tätig sei.

Demgegenüber trete das Interesse an einer Vermeidung des – nicht näher substantiierten – Aufwandes zur Korrektur bzw. Überarbeitung der Homepage zurück. Da der Verfügungsanspruch offensichtlich bestehe, bedürfe es nicht der Darlegung einer weiteren wesentlichen Beeinträchtigung, um den Verfügungsgrund zu bejahen. Er liege auch in der wiederholten (Tag für Tag) durchgeführten Verletzung des Persönlichkeitsrechts die Gefahr hoher beruflicher Nachteile.

Arbeitgeber müssen daher dringend beachten, persönliche Daten ausgeschiedener Arbeitnehmer - und damit wohl auch "normale" Blog-Beiträge - für ihre Homepage zu löschen, sofern keine ausdrückliche und den Anforderungen der §§ 22, 23 KUG genügende Einwilligung zum Verbleib dieser Daten beim Ausscheiden aus dem Unternehmen vorliegt. Das gilt auch möglicherweise schon für Fotos, die Mitarbeiter in betrieblichen Situationen zeigen. Auf der anderen Seite wird problematisiert (HWK-Lembke, 5. Aufl. 2012, BDSG, Vorb. Rz. 96a, ArbRB online) ob die Einwilligung erlöschen kann, wenn der Arbeitnehmer diese nur für die Dauer des Arbeitsverhältnisses erteilt hat. Da die Rechtsprechung hier erst am Anfang steht, sollte – obwohl nicht alle Fälle so klar sind wie dieser – bei der Einrichtung von Homepages von Unternehmen (und Kanzleien) und insgesamt auch beim Bloggen Vorsicht an den Tag gelegt werden und insbesondere für eine klare „Einwilligungslage“ gesorgt werden.

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