30.09.2014

Vorsicht bei Prozessbeschäftigung!

Portrait von Axel Groeger
Axel Groeger

Es kommt eher selten vor, dass ein Arbeitnehmer während eines Bestandsschutzrechtsstreits vorläufig weiterbeschäftigt wird.  Zu unterscheiden sind die zwischen den Parteien vereinbarte Weiterbeschäftigung, die unter einer Befristung oder auflösenden Bedingung steht, und die Weiterbeschäftigung auf der Grundlage eines Urteils, das den Weiterbeschäftigungsanspruch tituliert.

Ob für die Weiterbeschäftigung ein sachlicher Grund im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG besteht, ist höchstrichterlich ungeklärt. Das BAG hat zwar entschieden, dass insoweit das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG gilt (Urt. v. 22.10.2003 - 7 AZR 113/03, ArbRB 2004, 132 Anm. Kappelhoff). Ob in einer solchen Konstellation ein Sachgrund vorliegt, ist offen (HWK/Schmalenberg, § 14 TzBfG Rn 85a). Das LAG Köln hat dies bejaht (Urt. v. 5.4.2012 - 13 Sa 1360/11). Im Revisionsverfahren (7 AZR 696/12) haben sich die Parteien verglichen, so dass am 20.8.2014 keine Entscheidung ergangen ist.

Ob durch eine tatsächliche Weiterbeschäftigung nach einem erstinstanzlichen Urteil zugunsten des Arbeitnehmers, mit dem der Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung verurteilt worden ist, konkludent eine Vereinbarung zustande kommt oder ob die tatsächliche Weiterbeschäftigung allein der Abwendung der Zwangsvollstreckung dient, hängt, wie so vieles, von der Auslegung des Verhaltens und der begleitenden Erklärungen insbesondere des Arbeitgebers ab. Für die Würdigung des Verhaltens spielt auch der Kontext eine wesentliche und entscheidende Rolle. So kann sich der Erklärungsgehalt der fortdauernden Weiterbeschäftigung ändern, wenn das Landesarbeitsgericht das Urteil ändert und die Klage abweist. Dann kann das erstinstanzliche Urteil nicht mehr Grundlage für die tatsächliche Weiterbeschäftigung sein; es wirkt insoweit auch nicht nach. Spätestens mit Bekanntwerden einer solchen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist der Arbeitgeber gut beraten, den bis dahin weiterbeschäftigten Arbeitnehmer aufzufordern, seine Arbeit einzustellen, will er nicht ein (neues) Arbeitsverhältnis konkludent begründen.

So hat mit dem Urteil des BAG v. 6.10.2010 (7 AZR 397/09, ArbRB 2011, 102 Anm. Groeger) zunächst der Arbeitgeber ein Verfahren und mit dem Urteil des BAG v. 8.4.2014 (9 AZR 856/11) sodann der Arbeitnehmer ein Verfahren - und einen Dauerarbeitsplatz im öffentlichen Dienst - gewonnen.

RA FAArbR Axel Groeger, Bonn www.redeker.de

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