11.10.2017

Vorsicht beim Vorbeschäftigungsverbot

Portrait von Detlef Grimm
Detlef Grimm

Die Rechtsprechung des BAG (erstmals im Urteil vom 6.4.2011 – 7 AZR 716/09, ArbRB 2011, 130 [Boudon]) zur zeitlichen Begrenzung des Vorbeschäftigungsverbotes des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG auf drei Jahre hat heftige Kritik erfahren. Dieser Kritik hat sich das LAG Niedersachsen nun vehement angeschlossen und auch das Vertrauen (von Arbeitgebern) auf den Fortbestand der Rechtsprechung des 7. Senats des BAG zur zeitlichen Begrenzung des Vorbeschäftigungsverbotes als „nicht schutzwürdig“ angesehen.

Bereits das Arbeitsgericht Braunschweig hatte durch Beschluss vom 3.4.2014 – 5 Ca 463/13 das Bundesverfassungsgericht angerufen, um die Grenzen verfassungskonformer Auslegung durch die Arbeitsgerichtsbarkeit auszuloten (BVerfG – 1 BvL 7/14; eine Verfassungsbeschwerde zum selben Streitgegenstand ist ebenfalls anhängig – 1 BvR 1375/14).

In jüngerer Zeit hatten verschiedene Landesarbeitsgerichte (LAG Baden-Württemberg v. 26.9.2013 – 6 Sa 28/13; LAG Baden-Württemberg v. 21.2.2014 – 7 Sa 64/13; LAG Baden-Württemberg v. 11.08.2016 – 3 Sa 8/16) die Rechtsprechung des BAG als falsch angesehen, weil der Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG eindeutig und auch keine verfassungskonforme Auslegung geboten sei.

Dieser Rechtsauffassung schließen sich nun zwei Kammern des LAG Niedersachsen an, und zwar die 9. Kammer im Urteil vom 23.5.2017 – 9 Sa 1304/16 und die 6. Kammer im Urteil vom 20.7.2017 – 6 Sa 1125/16. Beide Kammern haben die Revision zum BAG zugelassen, so dass der 7. Senat in seiner „neuen“ Besetzung die Rechtsprechung aus dem Jahr 2011 wird korrigieren können, wenn er das will.

Dabei stützen sich die Kammern auf den eindeutigen Wortlaut „bereits zuvor“ und auf den Umstand, dass Forderungen im Hinblick auf eine zeitliche Begrenzung des Vorbeschäftigungsverbotes auf einen Zeitraum von zwei Jahren trotz entsprechender Forderungen im Gesetzgebungsverfahren bewusst nicht in den Gesetzestext aufgenommen waren (vgl. Preis, NZA 2005, 714, 715; dazu auch Höpfner, NZA 2011, 893 m.w.N.). Letztlich muss man hinnehmen, dass der doch klare Wortlaut der Norm eine extrem hohe Hürde in Bezug auf Interpretationen über den Wortlaut hinaus ist, zumal die Grenzen der Auslegung gerade in der Rechtsprechung des BAG in früheren Jahrzehnten schon oft Gegenstand kritischer Anmerkungen gewesen waren.

Wenngleich das Ergebnis der uferlosen Ausweitung des Vorbeschäftigungsverbotes angesichts des Umstandes, dass Arbeitgeber kaum sichere Aussagen über die Vorbeschäftigung bei ihnen bewerbender Arbeitnehmer treffen können, nicht sachgerecht sein wird, ist es nicht gerechtfertigt, dass die Arbeitsgerichte Fehler des Gesetzgebers korrigieren. Das sollte in einer funktionierenden Gewaltenteilung nur der Gesetzgeber selbst tun.

Arbeitgeber sollten sich darauf einstellen, dass die Begrenzung des Vorbeschäftigungsverbotes auf den Zeitraum von drei Jahren in Kürze fallen kann und daher bei Einstellungen einen lückenlosen Lebenslauf der Arbeitnehmer einfordern und ausdrücklich nach einer Vorbeschäftigung beim Arbeitgeber (bzw. dessen Rechtsvorgängern) fragen. Dies dürfte datenschutzrechtlich nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG als „erforderlich“ zur Entscheidung über die Begründung des Arbeitsverhältnisses anzusehen sein - und zwar auch nach dem neuen § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG (in der ab 25.5.2018 geltenden Fassung). Bei falschen Angaben kann der Arbeitgeber dann nach § 123 BGB anfechten.

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