21.06.2012

Warnstreik nach Blitzwechsel von ordentlicher in OT-Mitgliedschaft - Gewerkschaft haftet für Streikschaden

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Axel Groeger

Etwas missverständlich aber pointiert schreibt die FAZ heute "Arbeitsrichter erlauben „Blitzaustritt“ aus Tarifvertrag".  Worum geht es wirklich?

Weder einen Blitzaustritt aus dem Arbeitgeberverband noch einen Blitzübertritt von der ordentlichen in eine OT-Mitgliedschaft muss das BAG erlauben; allein die Satzung des Arbeitgeberverbandes regelt dies. Der 4. Senat des BAG hat sich jedoch bereits 2008 erlaubt, darauf hinzuweisen, dass aus Art. 9 Abs. 3 GG folge, dass ein vereinsrechtlich wirksamer Statuswechsel innerhalb eines Arbeitgeberverbandes von der Vollmitgliedschaft in die OT-Mitgliedschaft, der während laufender Tarifverhandlungen erfolgt, zu seiner tarifrechtlichen Wirksamkeit der Transparenz im Verhältnis zu der an der Verhandlung beteiligten Gewerkschaft bedarf. Er hat damit die Wirkungen eines vereinsrechtlich wirksamen Wechsels in bestimmten Konstellationen eingeschränkt oder umgekehrt die  tarifrechtlichen Wirkungen eines Wechsels an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft. Dafür ist regelmäßig eine entsprechende Mitteilung des Arbeitgebers oder des Verbandes zu einem Zeitpunkt erforderlich, zu dem die Gewerkschaft mit ihrem Verhalten bezogen auf den betreffenden Tarifvertragsinhalt und -abschluss noch auf die Statusveränderung reagieren kann. Unterbleibt eine solche Offenlegung, bleibt der Arbeitgeber trotz vereinsrechtlich wirksamen Statuswechsels nach § 3 Abs. 1 TVG an den Tarifvertrag gebunden, der Gegenstand der Verhandlungen war (BAG 4.6.2008 - 4 AZR 419/07, ArbRB 2009, 9).

Nunmehr hat der 1. Senat des BAG in einem Urteil vom 19.6.2012 (1 AZR 775/10) zu den arbeitskampfrechtlichen Folgen eines Wechsels in eine OT-Mitgliedschaft erstmals deutlich gemacht, dass ein Warnstreik in dem betreffenden Unternehmen dann rechtswidrig ist, wenn der vorherige Wechsel in die OT-Mitgliedschaft für die Gewerkschaft hinreichend transparent und damit tarifrechtlich wirksam war. Das war konkret der Fall mit der Folge, dass die Gewerkschaft - entgegen den Entscheidungen der beiden Vorinstanzen -  dem Unternehmen zum Schadensersatz verpflichtet ist. Der Warnstreik wurde zur Durchsetzung einer Lohnerhöhung in der Druckindustrie geführt, also um den Forderungen in den Tarifverhandlungen mit dem Arbeitgeberverband Nachdruck zu verleihen.

Fazit: Erstens deutet sich an, dass der 1. Senat möglicherweise nur dann, wenn der Wechsel von der Voll- in die OT-Mitgliedschaft tarifrechtlich wirksam ist, Streikmaßnahmen in dem betreffenden Unternehmen als rechtswidrig ansieht. Zweitens - und das dürfte das eigentlich Bemerkenswerte sein - hat es das BAG abgelehnt, den Warnstreik als Unterstützungsstreik anzusehen (dazu bereits BAG 19.6.2007 - 1 AZR 396/06, ArbRB 2008, 81). Drittens hat die Gewerkschaft bereits angekündigt, künftig in diesen Fällen für einen Firmentarifvertrag zu kämpfen, was wohl bisher auch geschehen ist. Sie wird wohl die Ziele künftig präziser zu formulieren haben.

RA FAArbR Axel Groeger, Redeker Sellner Dahs, Bonn www.redeker.de

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