Wer darf was im Arbeitsrecht?
Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt es einen, der die Sache regelt. Soweit zur Schifffahrt. Zwei aktuelle Entscheidungen befassen sich mit der Frage, wer im Arbeitsrecht etwas regeln darf.
Das LAG Düsseldorf hat entschieden, dass bei der ehemaligen WestLB die Betriebspartner keine Betriebsvereinbarung schließen durften, wonach Arbeitnehmer nach 20 Beschäftigungsjahren grundsätzlich nicht mehr ordentlich gekündigt werden dürfen. Der Tarifvorbehalt des § 77 Abs. 3 BetrVG und die Kündigungsregelungen im einschlägigen Manteltarifvertrag standen einer Regelungsbefugnis der Betriebspartner entgegen (LAG Düsseldorf vom 30.10.2013 - 7 TaBV 56/13, siehe unter News).
Das BAG hat entschieden, dass die Landesgesetzgeber die Voraussetzungen der Wirksamkeit der Befristung von Arbeitsverhältnissen mit angestellten Hochschulprofessoren regeln können (BAG vom 11.9.2013 - 7 AZR 843/11). Das TzBfG und das WissZeitVG stehen dem nicht entgegen. Der vom BAG geleistete Begründungsaufwand ist beachtlich, weil das BAG an seiner Rechtsprechung festhält, dass - was auf den ersten Blick sogar naheliegt - allein der Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG ("Arbeitsrecht") aus dem Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung einschlägig sei. Nach Art. 72 Abs. 1 GG dürfen im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung die Länder eigene Gesetze nur erlassen, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.
Das BAG berücksichtigt allerdings nicht, dass der Bund vor der Föderalismusreform für die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst der Länder, Gemeinden und sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen lediglich eine Rahmengesetzgebungskompetenz hatte, die er mit Inkrafttreten der Föderalismusreform, also durch eine Entscheidung des verfassungsändernden Gesetzgebers, am 1.9.2006 verloren hat. Seitdem haben die Länder die alleinige Gesetzgebungskompetenz für diese Bediensteten. Der Bund hat hingegen die alleinige - und nicht nur konkurrierende - Gesetzgebungskompetenz für die eigenen Bediensteten nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 8 GG behalten. Zu den Bediensteten im Sinne dieser Kompetenznormen des GG zählen nach wohl einhelliger Meinung auch Arbeitnehmer.
Konnte Herr Kollege Dr. Grimm noch darüber staunen, dass der 7. Senat an einen Gestaltungswillen des Gesetzgebers glaubt, darf man sich nicht wenig wundern, dass derselbe Senat weder die Änderung des Grundgesetzes noch die für die Auslegung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG unter systematischen Gesichtspunkten nicht ganz unbedeutenden Art. 73 Abs. 1 Nr. 8 und 74 Abs. 1 S. 1 Nr. 27 GG auch nur erwähnt. Um nicht missverstanden zu werden: Das für alle geltende Arbeitsrecht gilt (auch) für Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst und damit auch für angestellte Hochschulprofessoren, aber meines Erachtens nur insoweit und so lange, wie die Länder keine eigenen Regelungen schaffen.
RA FAArbR Axel Groeger, Bonn www.redeker.de