„Wir suchen coole Typen …“ – ist eine solche Stellenausschreibung diskriminierend? Lesen Sie, wie das Arbeitsgericht Koblenz diese Frage entschied.
Eine Stellenausschreibung zu formulieren, ist nicht immer leicht.
Nur zu schnell treten Arbeitgeber:innen ins Fettnäpfchen und verstoßen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Unter anderem verbietet das AGG, Personen wegen ihres Alters, ihres Geschlechts oder ihrer ethnischen Herkunft zu diskriminieren (§§ 1, 7 AGG).
So stellt beispielsweise die in Stellenausschreibungen oft zu lesende Formulierung „junges dynamisches Team“ eine Diskriminierung wegen des Alters dar. Dies bestätigte zuletzt das BAG mit Urteil vom 11.08.2016 (Az.: 8 AZR 406/14).
Auch jüngst musste eine Arbeitgeberin vor dem Arbeitsgericht Koblenz bangen, ob ihre Stellenausschreibung AGG-konform war (Arbeitsgericht Koblenz, Urteil vom 09.02.2022 – 7 Ca 2291/21).
Die Arbeitgeberin war im „Bau-Bereich“ tätig und wollte wohl besonders „cool“ sein. Sie schaltete im Internet folgende Stellenanzeige:
„Wir suchen coole Typen - Anlagenmechaniker - Bauhelfer …“
Auf die Stellenanzeige meldete sich eine Bewerberin, die ihrem biologischen Geschlecht nach ein Mann war, sich jedoch als Frau fühlte. In ihrer Bewerbung benutzte sie durchgehend die weibliche Form, um Ihre Kenntnisse zu beschreiben, so z.B. „Elektrotechnikerin“ und „Regelmechanikerin“. Zudem unterschrieb sie ihre Bewerbung mir „Frau Markus [Nachname]“
Die Bewerberin erhielt eine Absage. Sie war der Ansicht, sie sei diskriminiert worden. Hierfür spreche bereits die Formulierung der Stellenausschreibung.
Zum einen rügte sie eine Diskriminierung wegen des Alters durch die Formulierung „Wir suchen coole Typen“. Damit komme zum Ausdruck, dass die Arbeitgeberin lediglich junges Personal gesucht habe.
Zum anderen sah sie sich wegen ihrer sexuellen Identität und des Geschlechts diskriminiert. Die Ausschreibung verwende nur die männliche Form „Anlagenmechaniker“ und „Bauhelfer“. Dies zeige, dass sich die Ausschreibung offensichtlich nur an Männer richte.
Die Bewerberin klagte gegen die Arbeitgeberin vor dem Arbeitsgericht Koblenz auf immateriellen Schadensersatz i. H. v. ca. € 10.000,-.
Die Beklagte wies eine Diskriminierung vehement von sich und verteidigte sich wie folgt:
Ihrer Ansicht nach diskriminiere das Wort „cool“ nicht wegen des Alters. Das Wort weise keinen Altersbezug auf und gehöre zum allgemeinen Sprachgebrauch. Es beziehe sich lediglich auf eine Charaktereigenschaft.
Eine Diskriminierung wegen des Geschlechts liege ebenfalls fern. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin sei diese nicht dem weiblichen, sondern dem männlichen Geschlecht zuzuordnen. Die Klägerin trage – dem Kleidungsschnitt nach zu urteilen – ausschließlich Herrenmode (Jeans, karierte Hemden und Schuhe). Zudem verwende sie auch auf ihrer eigenen Homepage die männliche Ausdrucksweise und trage schließlich auch einen männlichen Vornamen, „Markus“.
Die beklagte Arbeitgeberin war überzeugt: Der „wahre Grund“ für die Klage liege in einer Retourkutsche für einen vorangegangenen Streit.
Die Arbeitgeberin konnte nur teilweise aufatmen; teilweise hingegen verstieß ihre Stellenausschreibung gegen das AGG.
Im Einzelnen:
In der Formulierung „coolen Typen“ sah das Gericht kein Indiz für eine Diskriminierung wegen des Alters.
Hierzu führt das Gericht Folgendes aus:
„Bei dem Wort „cool“ handelt es sich um einen mittlerweile eingebürgerten und in der allgemeinen Kommunikation gängigen Begriff, der weder ausschließlich oder typischerweise nur von jüngeren Personen benutzt noch umgekehrt ausschließlich oder hauptsächlich auf jüngere Personen angewendet wird. Cool können Personen, Verhaltensweisen, Ereignisse oder sonstige Umstände sein, der Begriff dient der saloppen Bezeichnung einer besonders gelassenen, lässigen, nonchalanten, kühlen, souveränen, kontrollierten, nicht nervösen Geisteshaltung oder Stimmung sowie der Kennzeichnung besonders positiv empfundener, den Idealvorstellungen entsprechender Sachverhalte. Einen Altersbezug weist er nicht auf.“
Das Gericht bejahte im Ergebnis hingegen eine Diskriminierung wegen des Geschlechts.
In der Verwendung des Begriffs „Typ“ liege noch kein Indiz für eine Diskriminierung, so das Gericht:
„Soweit die Beklagte coole „Typen“ sucht, ist der Begriff Typ grammatikalisch zwar ein maskulines Substantiv, inhaltlich jedoch geschlechtsunspezifisch. Eine feminine Form des Wortes (etwa „Typin“) existiert in der deutschen Sprache nicht und wird im allgemeinen Sprachgebrauch auch nicht verwendet (dem Begriff „Type“ kommt eine andere Bedeutung zu, es handelt sich nicht etwa um das feminine Pendant zu „Typ“ [wobei der in der Stellenausschreibung verwendete Plural „Typen“ ohnehin in beiden Fällen identisch wäre]).
Anders beurteilte das Gericht die Rechtslage hinsichtlich der Begriffe „Anlagenmechaniker“ und „Bauhelfer“. Wenig überraschend sah das Gericht hierin ein Indiz für eine Diskriminierung:
„Gleichwohl legen die auf den Begriff Typ folgenden Wörter „Anlagenmechaniker“ und „Bauhelfer“ nahe, dass die Beklagte tatsächlich männliche Typen sucht. […] Dies deutet darauf hin, dass sie sich auch nur an Männer und nicht an Personen anderen Geschlechts richten will.“
Kern des Falls war, ob sich die Klägerin auf die Indizwirkung der Frauen diskriminierenden Formulierung berufen kann. Entscheidend war daher, ob die Klägerin dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zuzuordnen war. Hierzu führte das Gericht Folgendes aus:
„Sowohl das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz wie auch die Gleichbehandlungsrichtlinie 2006/54/EG erstrecken ihren Schutz vor Benachteiligungen wegen des Geschlechts auf transsexuelle Personen, die sich nicht mehr dem Geschlecht, dem sie im Zeitpunkt ihrer Geburt zugeordnet wurden, sondern einem anderen Geschlecht zugehörig fühlen. Für diesen Schutz bedarf es weder einer Angleichung des Vornamens noch eines Statuswechsels des Geschlechts noch einer Geschlechtsumwandlung; es genügt, wenn biologisches und psychisches Geschlecht nachhaltig auseinanderfallen.
Das Gericht verweist in seiner Begründung auf folgende höchstrichterliche Entscheidungen:
- BAG, Urteil vom 17.12.2015 – 8 AZR 421/14, NZA 2016, 888 ff.
- BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005 – 1 BvL 3/03, Rn. 48, 50
- BVerfG, Beschluss vom 11.01.2011 − 1 BvR 3295/07, NJW 2011, 909 Rn. 51
- EuGH, Urteil vom 30.04.1996 - Rs. C-13/94, NJW 1996, 2421 f. (zur seinerzeitigen RL 76/207/EWG [mittlerweile abgelöst durch die RL 2006/54/EG])
- EuGH, Urteil vom 07.01.2004 - C-117/01, NJW 2004, 1440, 1441
- EuGH, Urteil vom 27.04.2006 - C-423/04, EuZW 2006, 342, 343
Anmerkung: Bei diesen Entscheidungen handelt es sich um Grundsatzurteile, die auch für ähnliche Fälle herangezogen werden können.
Das Gericht fand zwar die eingeklagte Entschädigung i. H. v. ca. € 10.000,- als zu hoch angesetzt. Es verurteilte die Beklagte jedoch immerhin, eine Entschädigung i. H. v. € 6.000,- zu zahlen.
Nach „coolen Typen" (m/w/d) darf gesucht werden.
Die Arbeitgeberin scheiterte vorliegend nicht bereits an der Formulierung „coole Typen“. Das Arbeitsgericht Koblenz stellte klar, dass der Begriff „Typ“ nicht per se diskriminierend ist. Suchen Arbeitgeber:innen – wie vorliegend – jedoch in einer Stellenanzeige ausschließlich mit der männlichen Form sowie ohne den Zusatz (m/w/d), stellt dies stets ein Indiz für Diskriminierung dar.
Ebenfalls für die Praxis bedeutsam und daher lesenswert sind die gelungenen Ausführungen des Gerichts zu der Frage, welchem Geschlecht eine Person tatsächlich zuzuordnen ist. Diese Frage kann ebenso in ähnlichen Konstellationen, z.B. hinsichtlich der Erfüllung von Quoten o. ä., bedeutsam werden.
RA FAArbR Daniel Mantel
Zu der Frage, ob das „Du“ einer Stellenbeschreibung diskriminierend ist, finden Sie auf arbrb.de einen spannenden Blog von Groeger