Zweiter Anlauf: Referentenentwurf eines Gesetzes zur mobilen Arbeit (Mobile Arbeit-Gesetz – MAG)
Nachdem ein erster Referentenentwurf eines Gesetzes zur mobilen Arbeit, der eine Pflicht zulasten des Arbeitgebers vorsah, auf Wunsch eines Arbeitnehmers mobile Arbeit zu ermöglichen, bereits im Kanzleramt gestoppt wurde, liegt nun ein neuer Referentenentwurf zu einem solchen Gesetzesvorhaben vor. Ein Anspruch von Arbeitnehmern auf mobile Arbeit ist zwar darin nicht mehr vorgesehen; dennoch enthält auch dieser Entwurf Bestimmungen, die über das erforderliche Maß hinaus in die unternehmerische Gestaltungsfreiheit eingreifen. Wie bereits in dem frühen Entwurf sollen auch jetzt wieder die gesetzlichen Regelungen in die Gewerbeordnung aufgenommen werden, die sich damit immer mehr zu einem „Arbeitsgesetzbuch light“ entwickelt.
- Definition „Mobile Arbeit“
Der Entwurf bestimmt den Begriff der mobilen Arbeit. Ein Arbeitnehmer (der Entwurf spricht immer von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen; aus Vereinfachungsgründen wird hier nur der Begriff Arbeitnehmer verwandt) arbeitet demnach mobil, wenn er die geschuldete Arbeitsleistung unter Verwendung von Informationstechnologie außerhalb der Betriebsstätte von einem Ort oder von Orten seiner Wahl oder von einem mit dem Arbeitgeber vereinbarten Ort oder von mit dem Arbeitgeber vereinbarten Orten erbringt. Erfasst werden damit sowohl Vereinbarungen, die es dem Arbeitnehmer ermöglichen, seinen Arbeitsort selbst zu wählen bzw. spontan den Arbeitsort zu wechseln, als auch Vereinbarungen, die einen bestimmten Arbeitsort für die mobile Arbeit vorsehen, insbesondere Vereinbarungen über mobile Arbeit ausschließlich im Home-Office.
- Mitteilung des Wunsches einer mobilen Arbeit durch den Arbeitnehmer
Ein Arbeitnehmer, der regelmäßig mobil arbeiten möchte, muss dem Arbeitgeber Beginn, Dauer, Umfang und Verteilung der mobilen Arbeit spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn mitteilen.
Von Bedeutung ist insoweit die Verwendung des Begriffs „regelmäßig“. Nach der Gesetzesbegründung ist demnach die anlassbezogene von der regelmäßigen mobilen Arbeit zu unterscheiden. Die gesetzliche Regelung bezieht sich ausschließlich auf die regelmäßige Arbeit. Hierunter soll die planmäßige wiederkehrende mobile Arbeit, wie zum Beispiel einmal oder mehrfach in der Woche oder zweimal im Monat an einem bestimmten Wochentag, zu verstehen sein. Dabei soll es nicht darauf ankommen, ob regelmäßig ganztags oder nur stundenweise mobil gearbeitet wird. Die anlassbezogene mobile Arbeit ist nicht Gegenstand des Gesetzesentwurfs. Ob Telearbeitsplätze im Sinne der Arbeitsstättenordnung unter das geplante Gesetz fallen, hängt von der Gestaltung der zugrunde liegenden Vereinbarung ab.
- Erörterungsobliegenheit des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber hat sodann mit dem Arbeitnehmer Beginn, Dauer, Umfang und Verteilung der mobilen Arbeit sowie die Art der mobilen Arbeit mit dem Ziel zu erörtern, zu einer Vereinbarung zu gelangen.
- Folge bei Fehlschlagen einer Vereinbarung - Begründungsobliegenheit
Wird keine Vereinbarung über mobile Arbeit getroffen, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer seine ablehnende Entscheidung sowie deren Gründe spätestens zwei Monate nach der Mitteilung des Wunsches durch den Arbeitnehmer in Textform zu erklären. Die Ablehnungsgründe dürfen nicht sachfremd oder willkürlich sein.
- Folge bei Fehlschlagen einer Vereinbarung – kurzfristiger neuer Wunsch des Arbeitnehmers
Hat der Arbeitgeber die mobile Arbeit ordnungsgemäß abgelehnt, kann der Arbeitnehmer frühestens vier Monate nach Zugang der ablehnenden Entscheidung erneut einen Wunsch auf mobile Arbeit äußern, der dann dazu führt, dass das betriebsinterne Verfahren von vorne beginnt.
- Sanktion bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen Erörterungspflicht oder Erklärungspflicht
Kommt der Arbeitgeber seiner Erörterungspflicht oder seiner Erklärungspflicht nicht nach, soll die gewünschte mobile Arbeit für die vom Arbeitnehmer mitgeteilte Dauer, längstens jedoch für die Dauer von sechs Monaten als festgelegt gelten. Da der Arbeitnehmer bei Äußerung seines Wunsches, mobil zu arbeiten, die Art und den Ort der mobilen Arbeit nicht zwingend angeben muss, ist eine Auffangregelung nötig. Es soll dann gelten, dass der Arbeitnehmer von einem Ort oder von Orten seiner Wahl arbeiten darf. Als Sanktion soll damit wie z.B. im Rahmen der Teilzeit - § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG - kraft Gesetzes in die Vertragsfreiheit eingegriffen werden.
- Beendigung der mobilen Arbeit
Arbeitgeber und Arbeitnehmers sollen, soweit nichts anderes vereinbart ist, jeweils durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil die Beendigung der mobilen Arbeit mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats, frühestens jedoch zum Ende des sechsten Kalendermonats seit dem Beginn der mobilen Arbeit in Textform erklären können.
Im Falle einer solchen Beendigung kann der Arbeitnehmer aber bereits nach vier Monaten wieder einen erneuten Wunsch auf mobile Arbeit äußern. Auch dies führt dann dazu, dass gleichsam das betriebsinterne Verfahren wieder von vorne beginnt.
- Arbeitszeitnachweis
Ein Arbeitgeber soll verpflichtet werden, Beginn, Ende und Dauer der gesamten Arbeitszeit bei einer regelmäßigen mobilen Arbeit aufzuzeichnen, sofern der Arbeitnehmer unter das Arbeitszeitgesetz fällt. Diese Arbeitszeitnachweise hat er sodann mindestens zwei Jahre aufzubewahren.
- Delegation des Arbeitszeitnachweises
Der Entwurf räumt dem Arbeitgeber zwar die Möglichkeit ein, die Aufzeichnung durch den Arbeitnehmer vornehmen zu lassen. Ausdrücklich sieht aber auch dieser Entwurf wieder vor, dass der Arbeitgeber für die ordnungsgemäße Aufzeichnung verantwortlich bleiben soll.
- Anspruch des Arbeitnehmers auf Information
Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer auf dessen Verlangen über die aufgezeichnete Arbeitszeit zu informieren. Sofern der Arbeitnehmer dies wünscht, hat er ihm außerdem eine Kopie des Arbeitszeitnachweises auszuhändigen.
- Erweiterung des Unfallversicherungsschutzes
Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt des Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, soll Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit im Unternehmen bestehen. Ferner soll das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten, die mobil arbeiten, fremder Obhut anvertraut werden, als versichert gelten, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird.
Prof. Dr. Wolfgang Kleinebrink