Bundesregierung bestätigt: BND prüfte 2010 die "nachrichtendienstliche Relevanz" von 37 Mio. Mails
Die Bundesregierung bestätigt jetzt, dass der BND systematisch Millionen E-Mails durchforstet auf der Suche nach "nachrichtendienstlicher Relevanz". Der Nachrichtendienst missachtet damit massiv das Verhältnismäßigkeitsgebot und greift exzessiv in Grundrechte ein. Dies ist mehr als skandalös.
Art. 5 Abs. 2 G 10 gibt dem Bundesnachrichtendienst (BND) die Befugnis, E-Mails mit Suchbegriffen zu durchforsten. Voraussetzung: Die Suchbegriffe müssen „zur Aufklärung von Sachverhalten über den in der Anordnung bezeichneten Gefahrenbereich bestimmt und geeignet“ sein.
Von dieser Befugnis hat der BND im Jahre 2010 massiv Gebrauch gemacht und laut dem Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) des Deutschen Bundestages (Bericht vom 10.2.2012, BT-Drucks 17/8639) rund 30.000 Suchbegriffe verwendet. Laut dem Bericht handelt es sich bei den Suchbegriffen (auch) um „gängige und mit dem aktuellen Zeitgeschehen einhergehende Begriffe“ (Seite 6, rechte Spalte). Presseberichte, nach denen mit Suchbegriffen wie „Bombe“ gearbeitet wird, sind bis heute unwidersprochen geblieben. Eine mehr als großzügige Auslegung nachrichtendienstlicher Befugnisse. Wenn mit Begriffen wie "Bombe" gearbeitet wird, kann von einer „Bestimmtheit“ und „Geeignetheit“ gemäß Art. 5 Abs. 2 G 10 nicht mehr ernsthaft die Rede sein.
Denn die Suche mit Allgemeinbegriffen führte allein im Jahre 2010 laut dem PKrG-Bericht zu mehr als 37 Mio. Treffern. Von diesen Treffern wurden nur wenige als „nachrichtendienstlich relevant“ eingestuft (siehe Härting, "Massive Eingriffe in Grundrechte: BND filter systematisch E-Mails", CRonline Blog).
In einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE zur "strategischen Fernmeldeaufklärung" durch Geheimdienste des Bundes (zu 11.a), Seite 7) kann man jetzt nachlesen, wie der BND mit einer Mail verfährt, die - wegen der Benutzung eines Wortes wie "Bombe" als "Treffer" eingestuft wird:
"Als Treffer werden G10-Nachrichten mit angeordnetem Suchbegriff verstanden. Ist ein angeordneter Suchbegriff in einer Kommunikation enthalten, wird die entsprechende Nachricht durch den hierzu besonders ermächtigten Bearbeiter erstmals auf nachrichtendienstliche Relevanz geprüft. Bei festgestellter Relevanz wird die Meldung einer nochmaligen Überprüfung sowie einer zweiten Relevanzprüfung durch den fachlich zuständigen Auswertebereich zugeführt. Es werden nur Treffer bearbeitet."
Hieraus ergibt sich klar und deutlich, dass BND-"Bearbeiter" Millionen von Mails durchforsten und lesen auf der Suche nach "nachrichtendienstlicher Relevanz". Wo bleibt der Aufschrei der Datenschützer und Bürgerrechtler?